Do
03
Okt
2013
Intermission
Blog Pause. In wenigen Stunden kommt der Fahrdienst von Emirates und holt mich ab um nach Deutschland zu fliegen. Eine Woche Meetings, Präsentationen etc.
Die Woche, die ja eigentlich schon im Juli hätte stattfinden sollen, dann im August und letztendlich auf Oktober verschoben wurde. Jetzt scheint es aber tatsächlich zu klappen, wobei ich es erst wirklich glaube, wenn ich letztendlich im Flieger sitze.
Abflug 4:15, hier im internationalen Teil des Flughafens ist die Rush Hour zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens, da verlassen die meisten Flugzeuge Indien...also, von wegen Nachtflugverbot oder Ähnliches...
Zurückkommen werde ich voraussichtlich am Samstag in einer Woche am späten Abend, am Sonntag früh geht es dann aber schon ab in eine Urlaubswoche nach Kerala...:-)
Das heißt es wird wohl in den nächsten zwei Wochen keinen Blogeintrag geben, anschließend aber hoffentlich wieder jede Menge Reiseerlebnisse und Bilder aus Kerala. Um euch den Blick auf die Indienkarte zu ersparen: Kerala grenzt im Süden an ¨unseren¨ Bundesstaat Karnataka und geht fast bis an die indische Südspitze, die allerdings gehört zu Tamil Nadu. Soweit runter wollen wir aber eh (noch) nicht. Kerala bezeichnet sich selbst als ¨God´s own Land¨, was ja schon mal Hoffnung macht...aber es muss da wirklich sehr schön sein. Ich will hier aber nicht nach vorne schauen, stattdessen noch ein kurzer Rückblick der letzten Tage:
Highlight der Tage:
Ich habe doch tatsächlich das 2. Game beim Bowling mit 5 Strikes eröffnet... na gut, ich bin dann etwas eingebrochen habe aber noch stattliche 200 Punkte geschafft...:-)
Niederlage der Tage:
Benedict hat mich beim Squash letztens aber sowas von abgezogen. Bis jetzt habe ich ja noch immer getönt, dass ich wenigstens beim Squash noch der Familienbeste bin (die Territorien werden ja eh schon langsam überschaubar) und jetzt scheine ich eine weitere Domäne abgegeben zu haben...
Gestern zu Gandhi´s Geburtstag waren wir dann im Wonderla (nein, meine Herren, das hat nix mit Wonderbra zu tun), ein Vergnügungspark mit jeder Menge Wasserrutschen, einer Wasserdisco usw. (was für uns Junge halt..;-).
Natürlich gibt es auch den entsprechenden ¨Dry-Bereich¨ mit den handelsüblichen, dreidimensionalen Rumschleudergeräten bei denen mir schon beim Zuschauen schlecht wird und die ich auch mehr passiv genossen habe, aber immerhin habe ich mich ins Riesenrad getraut, das auf einem 50 Meter hohem Gebäude aufgestellt ist mit einem Nabendurchmesser von 30 Meter, der Zenit war also bei 80 Meter, was bei mir schwindeltechnisch schon ans Limit geht, vor allem wenn´s dann auch noch schaukelt...
Typisch indisch: Wir standen gerade vor einem Fahrgeschäft, so was wie die Krake, plötzlich geht die Musik aus und die Lichter, es hat halt irgendeine Sicherung rausgehauen. Zwei Techniker haben kurz die Bodenplatte aufgehoben sind reingestiegen, Sicherung wieder gedrückt und weitergeht´s... sowas bringt niemanden wirklich aus der Ruhe...
Wegen Gandhi´s Feiertag hat es übrigens gestern in ganz Indien (eigentlich) keinen Alkohol und kein Non-Veg Essen gegeben. Ich habe mir aber dann am Abend auf dem Balkon trotzdem ein Bier gegönnt, vegetarisch war es ja, und ich glaube gegen ein Kingfisher hätt´ er auch nichts gesagt...
Mo
21
Okt
2013
Germany and Back
Eine Woche Deutschland nach gut drei Monaten Indien. Irgendwie komisch, man gewöhnt sich doch recht schnell an eine neue Umgebung, vor Allem an die Annehmlichkeiten der neuen Umgebung. Es ist, glaube ich, (noch) nicht angebracht von einem ¨Rückkehr-Kulturschock¨ zu sprechen, dafür war ich viel zu wenig lange weg (und zu kurz wieder da), aber einige Dinge sind schon sehr auffallend gewesen, am offensichtlichsten war alles was den Bereich Service/Dienstleistung betrifft, angefangen im Supermarkt, bis hin zu fast jedem Lokal in dem man bedient (oder eben auch nicht bedient) wird. Welcher Vollpfosten hat sich eigentlich den Begriff ¨Selbstbedienung¨ einfallen lassen? Und alle machen willig mit...
Aber erstmal Mietwagen holen in München. Wieder selber fahren, Rechtsverkehr, alles kein Problem, das ist also so tief im Hirn verankert, dass man gar nicht darüber nachdenken muss.
Was in der Woche folgt ist der Besuch von Freunden, Verwandten, Kollegen, aber natürlich war die Zeit viel zu kurz und viel zu voll-gepackt um alles was ich mir vorgenommen habe auch nur annähernd zu erledigen, ich bin ja schließlich zum Arbeiten und nicht zum Spaß hier. Apropos voll-gepackt, Kathrin hat ja schon vorher einige Bestellungen in der Heimat aufgegeben und so haben Freunde in meiner Abwesenheit einen Koffer mit keine Ahnung was allem zum Mitnehmen gepackt. Stolze 34 Kilo, ich wusste gar nicht, dass man in einen einzigen Koffer soviel Zeug packen kann... naja, egal, dank meines Vielfliegerprogramms darf ich ja inzwischen 52 kg mitnehmen und das Meiste das ich dann noch zusätzlich dabei hatte, waren Gummibaerchen und Schokolade...;-)
Als ich dann schließlich nach Hause gekommen bin (der erste Weg war ja nach Kolbermoor/Rosenheim/Endorf) habe ich allerdings dann bemerkt wie unwirtlich ein kaltes und leeres Haus eigentlich ist. Das einzig Positive war unsere Katze, die mich sofort schnurrend empfangen hat. Wie sich herausgestellt hat, verbringt sie wohl die Schlafenszeiten, obwohl von den Nachbarn gefüttert, doch am liebsten im angestammten Heim. Jedenfalls war es aber saukalt und das ganze Heizsystem anzuschmeißen hat sich gar nicht rentiert, weil ich ja sowieso geplant habe einige Nächte im Hotel in Ulm zu verbringen.
Aber so kalt es auch draußen (und drinnen) war, so warm war der Empfang von den Leuten die ich waehrend der Woche treffen konnte, eigentlich eine tolle Sache, aber ehrlich gesagt war dafür dann meine Stimmung auf dem Weg zurück zum Flughafen und auch noch danach ziemlich melancholisch, vermutlich auch aus dem Grund, weil ich bis jetzt noch gar nicht genau weiß, wann ich das nächste Mal zurückkommen werde.
In der Lounge in München konnte ich dann durchsetzen, dass das Fernsehprogramm auf das Länderspiel Deutschland gegen Irland umgeschalten wird, aber es gab eigentlich auch keine nennenswerten Gegenstimmen. Allerdings musste ich nach dem 2:0 zum Boarding, aber was soll´s, sooo der große Fußballfan bin ich eh nicht (der Endstand war dann 3:0 und Deutschland hat sich endgültig für Brasilien qualifiziert).
Im Flugzeug konnte ich natürlich wieder nicht schlafen und so habe ich versucht meine Melancholie mit Rotwein und einem lustigem Film auszutreiben. Im Emirates Unterhaltungsprogramm wurde ich unter dem Genre ¨Komödie¨ dann auch fündig, ein Film mit dem Titel ¨Heute bin ich blond¨ erschien mir recht vielversprechend. Puh, der war ja wohl falsch eingeordnet, es geht um die Geschichte eines 21-jaehrigen Mädels, das an Krebs erkrankt, toller Film, aber nicht gerade der Stoff, der den Glückshormon-Ausstoß im Körper anregt... also, Rotweinkonsum erhöhen um Ausgleich zu schaffen...;-)
Dann ging auch schon bald die Sonne auf und was hilft besser gegen eine innere Traurigkeit als strahlend blauer Himmel und Sonnenstrahlen... dazu dann in Dubai in der Lounge eine erfrischende Dusche nach der Rasur und ein leckeres Frühstück und schon geht es wieder blendend. Und es bewahrheitet sich mal wieder die Theorie, dass es das Schicksal auch mit gut aufgelegten Menschen einfach besser meint: Auf dem Weiterflug nach Bangalore bin ich das erste Mal auf First Class upgegraded worden. Allerdings habe ich dann festgestellt, dass der Unterschied zwischen Business und First Class wohl eher im psychologischem Bereich liegt, was will man denn auch erwarten, noch mehr Beinfreiheit als genug? Noch aufmerksamere und hübschere Stewardessen? Eine noch besser funktionierende Rotwein-Flatrate? Mein Sitznachbar, ein indischer Unternehmer und Uhrbandfabrikant, hat behauptet der Champagner schmecke besser. Kann ich nicht beurteilen, der Orangensaft war der gleiche...
Bis ich schließlich im indischen Zuhause angekommen bin war dann eigentlich auch schon der Samstag vorbei und ich musste noch umpacken, bzw. einen neuen Koffer packen, weil wir ja am Sonntag früh schon wieder aufgebrochen sind zu unserem Urlaub in Kerala. Allerdings ist mir beim Kofferpacken ein kleiner Faux Pas unterlaufen...dazu gibt es aber dann mehr im Kerala-Blog...
Ach ja, noch was, in der Woche die ich in Deutschland verbracht habe kam eine Nachricht aus Palm Meadows, dass in einem Garten in der Nachbarschaft ein unliebsames ¨Haustier¨ gesichtet worden ist und gleich von einem herbeigerufenem Profi eingefangen und an geeigneterer Stelle wieder ausgesetzt worden ist:
Di
22
Okt
2013
Kerala1: Kochi und Munnar
13.10. / 14.10.
Kerala. Die Betonung liegt auf dem e, das zweite a kann man auch halb verschlucken. Die Sprache ist Malayam, die dazu passende Schrift ähnlich rund wie im karnatakanischen Kannada, aber etwas gestauchter, aber egal, ich werde wohl weder das eine noch das andere lernen.
Kera bedeutet auf malayamisch Kokospalme, Alam heißt Land. Wir fliegen also ins Kokospalmenland...
Kochi
Abflug in Bangalore am Sonntag früh, Destination Kochi, Airline Spicejet. Wenige Stunden vorher saß ich noch in der First Class, jetzt in der Holzklasse mit einer Bestuhlung, die auf den Standard-Inder angepasst ist, d.h. man hat das Gefühl, man müsste mit dem Kran rein und raus gehoben werden und sich anschnallen ist sinnlos, weil man eh feststeckt...aber für eine Stunde Flug geht das schon.
Der Fahrer, der uns in Kochi am Flughafen erwartet und uns die kommende Woche begleiten wird, heißt Mr. Unni und stellt sich als sehr nett und vor allem des Englischen mächtig heraus. Also schon einmal ein vielversprechender Beginn.
Die Fahrt zum Hotel ¨Harbour View¨ dauert eine gute Stunde, das Hotel hält nicht was der Name verspricht, aber was soll´s, wer in Bayern in einem Hotel ¨Bergblick¨ eincheckt, hat auch keine Garantie, dass er vom Balkon aus die Alpen sehen kann (außerdem gab es gar keinen Balkon im Hafenblick). Der Weg führt uns vom Hotel per Auto gleich mal auf die vorgelagerte Insel ¨Fort Kochi¨. Dort gibt es außer jeder Menge Souvenir-Läden, laut Reiseführer und Mr. Unni, drei Sehenswürdigkeiten, den Dutch Palace, eine jüdische Synagoge und die Chinese Fishnets. Allerdings steht ja bekanntlich die Befriedigung des Hungergefühls in der Bedürfnispyramide vor der Befriedigung kultureller Interessen, also streichen wir kurzerhand die ersten beiden geplanten ¨Highlights¨. Wenn wir vorher essen gehen wollen, verpassen wir definitiv die Öffnungszeiten, aber zumindest der Dutch Palace macht beim Vorbeifahren von außen eh keinen so einladenden Eindruck. Außerdem fliegen wir ja in einer Woche wieder von hier zurück, vielleicht ergibt sich ja da dann die Möglichkeit zur Besichtigung.
Leider gab es allerdings auch kein Restaurant mit Meerblick, aber immerhin gab es sehr leckeren Fisch. Gesättigt sind wir dann durch ein Einkaufsgässchen flaniert und natürlich, wie fast immer, sofort von einem Autorikscha Fahrer angesprochen worden, ob wir denn keinen Transportbedarf hätten...nachdem wir abgelehnt hatten kam er allerdings mit einem sehr interessantem Vorschlag, er hat gesagt, dass er von einem Souvenir-Geschäft als ¨Schlepper¨ engagiert ist und wenn er uns dahin bringen darf und wir in dem Geschäft fünf Minuten lang Interesse zeigen ohne was zu kaufen, würde er zwei Liter Sprit bekommen, und als Dank würde er uns in Fort Kochi hinbringen wo immer wir wollten. Diese Praxis, dass sich die TucTuc Fahrer auf diese Weise was dazu verdienen ist uns ja nicht unbekannt, aber die freche Offenheit hat mir gut gefallen, also haben wir uns drauf eingelassen. Nachdem wir also etwas Interesse für Handwerkskunst jeglicher Art, vom handgewebten Sari bis zum Gehstock aus Kamelknochen geheuchelt haben, wurden wir an einen Strand gefahren, an dem schon hunderte, vielleicht sogar tausende Inder auf den Sonnenuntergang warteten. Es war ja Sonntag und außerdem noch Dussehra (eigentlich wollte ich dazu was schreiben, aber vielleicht mache ich mal einen eigenen (Haupt-) Feiertagsblog), d.h. viele Inder waren auch in Urlaubsstimmung. Am Strand gab es dann noch ein Eis für die Jungs und mich und ich musste mal wieder so schmunzeln über den Verkäufer, bei dem zwar eine ziemlich große Auswahl an verschiedenen Eistüten auf der Karte stand, letztendlich hatte er aber nur eine Sorte vorrätig. Mit viel schlitzohrigem Verkaufsgeschick hat er jeden Kunden genau in die Richtung gequatscht, dass der eh nix anderes mehr kaufen wollte...herrlich mit anzusehen.
Während des Sonnenuntergangs sind wir dann entlang der chinesischen Fischernetze zum Ausgangspunkt zurück marschiert, wo Mr. Unni auf uns gewartet hat. Auf dem Weg dorthin boten die Fischer ihre frischgefangene Ware feil, von der einfachen Brasse bis hin zum Hammerhai, alle mit dem Versprechen, dass das nächste Restaurant den Einkauf stande pede tellerfertig zubereiten würde. Sehr verlockend, aber wir waren ja immer noch satt, wobei mich schon interessiert hätte, wie so ein Hammerhaigschnetzelt´s eigentlich schmecken würde...
Abends sind wir dann nach dem erfolglosem Versuch ohne Klimaanlage in der schwülen Hitze einzuschlafen noch beim Faisi in der Hoteldisco versumpft, bei schrecklicher Musik und ekstatisch tanzenden Indern...(und einer Männer-Frauen Quote von ca. 10:1).
Das Frühstück am nächsten Tag lecker zu nennen wäre eine schamlose Lüge, wobei mich Benedict mit der Frage ¨Wie viele Sterne hat das Hotel eigentlich?¨ schon etwas überrascht hat...verwöhnter Bengel, in seinem Alter haben wir zum Spaß im Wald übernachtet und uns von Würmern und Spinnen ernährt anstatt uns darüber zu echauffieren, dass das Hotel vielleicht einen Stern mehr hätte haben können...;-) (Wobei, wenn ich an die Musikauswahl denke, frage ich mich ob der Schuppen überhaupt einen Stern verdient hat...)
Munnar
Nach dem Frühstück sind wir dann ins Landesinnere, in Richtung Western Ghats, einer Gebirgskette im Süd-Osten Indiens gefahren. Mr. Unni hat uns unterwegs erklärt, dass man in Kerala grob drei Regionen unterscheidet, die Low Lands an der Küste in denen hauptsächlich Reis und Kokosnüsse angebaut und geerntet werden, die Middle Lands wo es Früchte, Gemüse und Kautschuk gibt und die High Lands mit dem Tee und den Gewürzen.
So habe ich auf dem Weg von den Low Lands zu den High Lands das erste Mal gesehen wie eine Ananasplantage aussieht und wie Kautschuk von den Rubber Trees geerntet wird. Ausserdem habe ich eine neue Bananensorte kennengelernt, ich habe sie Karottenbananen getauft, weil sie fast einen Orangeton haben und auch sehr knackig im Biss sind. Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob die überhaupt zum Essen gedacht sind, oder eigentlich mehr als Kochbananen verwendet werden. Aber, ich habe es überlebt...:-).
Auffallend war auf dem Weg, und eigentlich die ganze Woche über, dass es ungewöhnlich viele Kirchen gibt. Hier scheinen also die christlichen Missionare gute Arbeit geleistet zu haben. Mr. Unni hat gesagt, dass der Anteil der Christen in Kerala bei 25% liegt (im Vergleich zu ca. 4% in ganz Indien), gefühlt müssten es aber eigentlich noch mehr sein.
Je weiter wir in die Berge kamen, desto besser wurde die Luft zum Atmen, bzw. überhaupt das Klima. Allerdings habe ich auch von Kurve zu Kurve immer mehr meine Enfield vermisst, eine Motorradtour hier in den Bergen wäre schon mal was Tolles.
Etwa 10 Straßenkilometer vor Munnar begannen dann schlagartig die Teefelder (sagt man da überhaupt Felder?), jedenfalls ein sehr beeindruckender und auch schöner Anblick. Bei einem Zwischenstopp konnten wir die (ausschließlich) Frauen bei der Teeernte beobachten, ein mühsamer Job, auch wenn heute nicht mehr nur mit den Händen geerntet wird, sondern immerhin so eine Art kleine manuelle Heckenschere mit integriertem Auffangbehälter verwendet wird.
In Munnar bezogen wir dann ein Hotel mit einem traumhaftem Blick in die Teefelder und tollem Balkon.
Sollte jemandem übrigens Munnar bekannt vorkommen, es ist neben Nilgiri eines der wichtigsten Teeanbaugebiete Südindiens und kommt außerdem im Buch und Film ¨Life of Pi¨ vor, es ist der Ort in dem Pi für sich den christlichen Glauben entdeckt (neben dem hinduistischem und dem islamischen), kurz bevor er sich auf die fatale Schiffsreise begibt. (Tipp: Lieber Buch lesen als Film kucken).
Am späten Nachmittag wollten wir noch auf den höchsten Punkt Südindiens fahren, einem Naturschutzgebiet in das man nur mit einem parkeigenem Bus kommt. Leider ist der letzte Bus um 16:30 losgefahren und wir sind um 16:33 angekommen. Bad Luck, aber was soll´s, dafür haben wir noch einen schönen Spaziergang durch die Teeplantagen vor dem Hotel gemacht.
Rund um den Tee
Am nächsten Morgen haben wir dem Teemuseum noch einen Besuch abgestattet (also, Kathrin und ich, die Kinder haben das Ausschlafen vorgezogen) und dabei alles Mögliche zum Thema Tee gelernt. Zum Beispiel, dass die Teepflanze kein Busch ist, sondern eigentlich ein Baum, dadurch, dass er aber regelmäßig geschnitten wird, wird er halt nicht größer (meine spontane Assoziation waren die Apfelbäume in Südtirol, ich glaube da ist es ähnlich). Der Teebaum wächst am Besten in einer Höhe zwischen 3500 ft und 7000 ft und an Hängen mit einer Neigung zwischen 30 und 45 Grad. Die Briten haben den Tee nach Munnar gebracht, sie haben halt schon bald erkannt, dass sich die Gegend sehr gut zum Teeanbau eignen würde und haben das bis dahin ungenutzte Brachland halt dann dem Maharadscha billig abgeschwätzt. Allerdings haben sie nur ein Drittel der Gesamt-Fläche angebaut und den Rest den Tieren und der Natur als Rückzugsgebiet gelassen (So rücksichtsvoll kennt man eigentlich die Engländer gar nicht, wer weiß was da wieder dahinter steckte).
Ein Teebaum wird ca. 450 Jahre alt und ca. 100 Jahre lang kann man ihn effektiv als Nutzpflanze verwenden. Ich dachte ja in meiner Naivität immer, es gäbe eine Pflanze für den grünen Tee und eine für den schwarzen Tee, bis ich gelernt habe, dass der Unterschied nur im Verarbeitungsprozess liegt, der grüne Tee ist nicht oxidiert, wenn man ihn weiterverarbeitet und im Wasserdampf oxidiert wird schwarzer Tee daraus (naja, ein bisschen komplizierter ist es, glaube ich, schon). Es gibt auch noch eine Zwischenstufe, aber ich habe vergessen wie die heißt. Und dann gibt es noch den weißen Tee, der wird, glaube ich, aus den Knospen gewonnen und ist sozusagen der Champagner unter den Teesorten, der Preis liegt (zumindest hier in Indien) auch ungefähr beim zehn- bis zwanzigfachen des Preises von schwarzen bzw. grünen Tee.
Ganz nebenbei haben wir dann noch erfahren, dass in der Zeit als die Briten mit dem Teeanbau in Munnar anfingen (ausgehendes 19tes Jhd.) auch Eukalypthussamen aus Australien eingeschmuggelt wurden und die entsprechenden Bäume bis heute als Brennmaterial sowohl zur Erzeugung des Wasserdampfs für die Oxidation als auch natürlich für die ganz normalen Koch-Öfen dienen.
Nach dem Museum ging es dann weiter durch die Western Ghats in Richtung Thekaddy... aber dazu mehr im nächsten Blog...
Achso, zu diesem Blog gibt es natürlich auch wieder ein paar Bilder...
Mi
23
Okt
2013
Kerala2: Thekaddy
15.10. / 16.10.
Die Fahrt nach Thekaddy war toll, allerdings wäre sie mit dem Motorrad noch toller gewesen, aber das nutzt ja nix... streckenweise links und rechts dichter Dschungel, als Abgrenzung zur Straße gab es dann immer mal wieder so eine Art Riesenkuhweidezaun zu sehen. Mr. Unni hat erklärt, dass dieser Zaun auch tatsächlich elektrisch funktioniert und die Elefanten davon abhalten soll auf die Straße zu gehen...
Nach der Ankunft und dem Einchecken im Hotel haben wir uns dann erstmal mit Tickets eingedeckt, erstens für eine ¨Martial Arts Show¨ am gleichen Abend und zweitens für ein Dschungeltrekking am nächsten Tag. In Thekaddy waren ja zwei Übernachtungen geplant und so haben wir uns aus der breiten Palette an Angeboten für das ganztägige ¨Bamboo-Rafting¨ entschieden. Einziger Nachteil: Abfahrt vom Hotel um 7:15, aber das passt schon. Die Dame am Ticketschalter des Periyar Nationalparks hat uns nochmal darauf hingewiesen, dass wir geschlossene Schuhe brauchen (wegen den Blutegeln, igitt!!) und am Besten lange Hosen und wenn möglich Regenschutz für alle Fälle. Kein Problem, wir hatten ja von Anfang an so eine Tour geplant und entsprechendes Outfit schon in den Koffer gepackt.
Dann sind wir ins Elephant Camp gefahren und haben uns die nächsten Tickets besorgt, 20 Minuten Elefantenreiten, anschließendes Fotoshooting mit dem Elefanten und dann noch Elefantenwaschen...hier muss man also sogar fuer´s Arbeiten noch bezahlen...
Allerdings mussten wir dann ziemlich lange warten, weil die im Camp ¨nur¨ neun Elefanten haben und wir halt nicht die einzigen Elefanten-Cowboys waren. Das Problem war halt dann wieder ein typisches indisches, theoretisch hatten die Tickets Nummern und theoretisch sollte die Warterei auch geordnet ablaufen, die Praxis war aber mal wieder mega-chaotisch und vor Allem hat alles viel länger gedauert als angekündigt, sodass plötzlich die Zeit eng zu werden drohte. Ich habe dann interveniert und darauf bestanden, dass wir JETZT mit unserem Programm anfangen müssen um rechtzeitig zur Martial Arts Show fertig zu sein. Es hat dann nochmal 20 Minuten gedauert bis es schließlich dann wirklich JETZT war und wir sind zu viert auf einen dreisitzer Elefanten gepackt worden, aber ok, das hat schon gepasst...Letta (so hieß die Elefantendame) hat uns dann auch brav durch den Dschungel getragen und es war auch toll, aber nachdem wir ja schon einige Wochen zuvor in Mysore die Gelegenheit hatten auf einem Dickhäuter zu reiten war das Erlebnis jetzt nicht sooo einmalig. Das anschließende Fotoshooting war dann auch etwas hektisch, weil halt schon wieder die nächsten Reiter auf Letta Platz genommen hatten. Und was ist mit dem Waschen? Tja, dafür ist (zumindest an diesem Tag) Bina, eine andere Elefantendame da. Ist alles also (natürlich) schon ziemlich kommerzialisiert, aber ok. Anfangs lag die gute Frau auch nur rum und wir haben uns zu viert mit so Striegelbürsten über sie hergemacht. Angeblich muss das sein um ein gutes Elefant-Mensch Klima zu schaffen. Ich bin mir ehrlich gesagt etwas lächerlich dabei vorgekommen, aber dann hat sich Bina normal hingesetzt und jeder durfte mal auf ihren Rücken klettern. Ich war der erste und die Überraschung war perfekt als Bina schließlich Wasser aus einem Eimer in ihren Rüssel gesaugt hatte und den ganzen Schwall über mich ablies. Das Ganze war natürlich beabsichtigt und man hat uns auch anfangs gesagt, dass man beim Elefantenwaschen ein bisschen nass wird, aber mit so einer Komplett-Dusche habe ich nicht gerechnet. Das war richtig super, es ist unglaublich welche Wassermengen da aus so einem Elefantenrüssel rauskommen. Manchmal gibt es doch in der Sauna so Eimer, die an der Decke angebracht sind und wenn man an einer Schnur zieht ergießt sich ein Wasserschwall über einen. So ungefähr kann man sich das auch vorstellen, nur noch viel intensiver und (Gott sei Dank) auch wärmer. Dass das Wasser vorher mal durch die Elefantennase gewandert ist darf man halt nicht so eng sehen.
So sind wir also alle patschnass zu Mr. Unni ins Auto gestiegen um ins Hotel zurückzufahren. Wenige Tage zuvor hat er uns noch stolz erzählt, dass er ein neues Auto bekommen hat und wir seine erste Kundschaft sind. Ich dachte also es wird gleich einen Aufschrei seinerseits geben, aber ganz im Gegenteil, er hat das ziemlich gelassen genommen: ¨I´ve to clean the car anyway...¨
Also schnell duschen, umziehen und ab zum nächsten Event.
Ich hatte eigentlich erwartet, dass es so eine Art Kung-Fu, Teakwondo etc. Vorführung gibt, stattdessen haben uns vier durchtrainierte junge Inder so eine Art Gladiatorenshow gemischt mit Kunstturnen vorgeführt. War aber ok, stellenweise sogar sehr gut. Am meisten hat mich einer beeindruckt, der hinter sich eine Blume auf den Fußboden gelegt hat und sich dann so weit nach hinten gebeugt hat, dass er mit dem Mund die Blume aufheben konnte (Ich könnte es nicht mal nach vorne...).
Dann aber nur noch schnell zu Abend essen und ab ins Bett, schließlich müssen wir am nächsten Tag früh raus.
So war es dann auch, kaum war die Sonne am Horizont sind wir schon raus aus den Federn. So, und jetzt kommt´s, mein schon lange angekündigtes ¨Pack Debakel¨...
Ran an den Koffer und die Trekkingkleidung rausgeholt: Jeans oder echte Trekkinghose, egal, ich habe beides dabei, ich entscheide mich für die Jeans.
Regenjacke, tatatata, ich bin der einzige der beim Packen auch daran gedacht hat.
Geschlossene Schuhe, klar, Turnschuhe vom Aldi tun es dafür allemal. Beim Aldi gibt es zuweilen recht günstige Joggingschuhe, die es für den Feld-, Wald- und Wiesensport locker tun und von denen sich im Laufe der Zeit mehrere Paare angesammelt haben. Zwei davon habe ich mit nach Indien genommen. Und zwei Schuhe habe ich mit in den Urlaub genommen...allerdings wie sich jetzt herausstellt zwei rechte...
Da stand ich jetzt also, ohne Möglichkeit noch irgendwo einkaufen zu gehen, mit zwei rechten Turnschuhen. Ich habe erst mal einige Sekunden gebraucht um zu realisieren was ich da in der Hand habe und habe dann so lachen müssen dass mir fast die Tränen kamen. Kathrin meinte, ich solle doch meine Sandalen anziehen, aber ich dachte das geht schon und bin mal ein paar Probeschritte im Hotelflur gelaufen...es ging auch, man hat halt immer das Gefühl einen leichten Linksdrall beim Laufen zu haben...:-).
Um es vorweg zu nehmen, natürlich tat mir der linke Fuß am Abend etwas weh, aber ich habe den ganzen Tag durchgehalten und so schlimm war es gar nicht. Wer es nicht glaubt, soll sich am Morgen einfach mal zwei rechte Schuhe anziehen...alternativ gingen vermutlich auch zwei linke, aber nachdem ich das nicht ausprobiert habe, kann ich dafür keine Garantie abgeben...;-)
Als wir dann am Nationalpark unsere Truppe zusammen hatten, hat sich allerdings rausgestellt, dass ich locker auch mit Sandalen gehen hätte können. Erstens haben wir eh alle Stulpensocken bekommen, damit sich auch ja kein Blutegel an uns zu schaffen macht und zweitens war das Schuhwerk der Mitstreiter teilweise auch nicht unbedingt passend. Eine Schweizerin kam in Absatzschuhen an (¨Icchh hatte ja nicchht damit gerecchhnet, dass wir sowas macchhen¨) und eine Gruppe Asiaten war mit Hochgebirgs-Badelatschen angetreten...
Bevor es ab in den Regenwald ging mussten wir aber erstmal mit einem Bambus-Floss einen Fluss überqueren und da habe ich gleichmal das Floss durchgetreten (Nein, ich bin nicht zu dick, das Floss war morsch) und mir einen nassen rechten rechten Fuß geholt. Der linke rechte Fuß blieb trocken...
Was dann folgte war eine schöne geführte Wanderung durch den Wald, bei der man auch allerhand Exotisches gesehen und gehört hat (Rosenholzbäume, Teakholzbäume, wilden Pfeffer, jede Menge Urwaldgeräusche usw.), wer allerdings geglaubt hat man würde auf dem ¨Tiger-Trail¨ auch wilde Tiere sehen die größer sind als eine 20 cm Echse, der hat sich getäuscht... angeblich konnte im vergangenen Monat eine Tigermama mit ihren zwei Kleinen 10 Minuten lang beobachtet werden, vielleicht stimmt es auch, aber das war dann schon sehr großes Glück.
Nach einer guten Stunde und einer Frühstückspause haben wir unsere Bambus-Boote erreicht und sind damit ein Stück weitergefahren, allerdings haben wir auch fleißig mitgepaddelt, das war kein Muss, aber das macht man halt wenn man in der Gruppe durch den wilden Dschungel unterwegs ist...
Eine weitere Wanderung hat uns dann immerhin mit den Spuren von Elefanten konfrontiert und einmal dachten wir auch es wäre einer im Gebüsch, das hat sich aber dann als Hirsch rausgestellt.
Erst auf der Rückfahrt haben wir dann tatsächlich eine Elefantenfamilie am Waldrand beim grasen (sagt man da so?) gesehen, zusammen mit fünf Büffeln (oder Bisons?) und da haben wir uns dann schleichenderweise angepaddelt. Ca. 200 Meter entfernt haben wir dann auf einer kleinen Halbinsel unseren Beobachtungsposten bezogen. Alles in Allem schon ein schönes Erlebnis, die Elefanten in der Wildnis schauen zwar auch nicht anders aus als die im Camp, aber es umgibt sie halt eine unsichtbare Aura der Freiheit...
Die letzte Wanderung zurück zum Ausgangspunkt war dann angeblich ein Shortcut, wir waren trotzdem nochmal fast eine Stunde unterwegs und langsam hat mir mein einer Fuß dann doch zu verstehen gegeben, dass sein Vorname eigentlich ¨linker¨ ist.
Der (sehr professionell ausgerüstete) Partner der Absatzschweizerin hat dabei noch einen Stachelschweinstachel gefunden. Auch sehr imposant.
Bei der Flussüberquerung mit dem Bambusfloss hat mich dann noch ein Inder darauf aufmerksam gemacht wo ich aufpassen und nicht hintreten soll (¨Ja, du Hirni, ich habe das Loch schließlich selber reingetreten¨) und dann sind wir auch schon wieder angekommen. Die letzten 500 Meter vom Hüttentreffpunkt bis zum Parkplatz bin ich dann allerdings barfuß gelaufen.
Aber vermutlich bin ich jetzt der einzige Mensch, der von sich behaupten kann, dass er eine 9-stuendige Dschungeltour mit zwei rechten Schuhen bestritten hat. Ich finde, das hebt mich auf Augenhöhe mit einem Reinhold Messner, Edmund Hillary, Felix Baumgartner oder halt der vor mir dagewesenen Pionier-Helden...
Zum Abendessen gab es eine Pizzalieferung aufs Hotelzimmer, zu mehr waren wir nicht mehr fähig, außerdem hat uns Mr. Unni angekündigt, dass wir am nächsten Morgen schon wieder früh aus den Federn müssen um das Tagesprogramm zu schaffen...die Fahrt zu den Backwaters steht an und das Hausboot hat nur einen sehr engen Eincheck-Slot...
Sa
26
Okt
2013
Kerala3: Backwater
17.10. - 20.10.
Heute verlassen wir die Western Ghats und machen uns auf den Weg nach Alleppey. Dort wartet dann hoffentlich ein Hausboot auf uns mit dem wir durch die Backwater cruisen können und das uns auch als Schlafmöglichkeit für die kommende Nacht dient.
Leider sind wir halt doch nicht rechtzeitig genug vom Hotel los gekommen, wobei das diesmal gar nicht unsere Schuld war, das Frühstück war noch nicht fertig und der ganze Auscheck-Prozess könnte auch mal verbessert werden.
Jedenfalls wollten wir eigentlich in der Gegend um Thekkady noch einen der vielen Spice-Gaerten besuchen um mal zu sehen was hier wirklich alles so wächst, bei den meisten Gewürzen kann ich mir ja schon gar nicht vorstellen wie die ausschauen, geschweige denn an welchen Pflanzen die hängen, aber das haben wir dann aus Zeitmangel gestrichen.
Mr. Unni hat gesagt, dass eigentlich um 12:00 Einchecken auf dem Hausboot ist, das schaffen wir eh nicht, aber wir sollten wenigstens nicht mit allzu viel Verspätung ankommen, weil wir ja schließlich noch ein bisschen rumschippern wollen und spätestens ab 6:00 abends wird nicht mehr gefahren, d.h. da muss man seinen Nachtanlegeplatz erreicht haben.
Bevor wir in Alleppey ankommen bestehe ich aber noch darauf einen Rock zu kaufen...für mich...:-), also eigentlich ein Tuch das man sich auf bestimmte Art und Weise um die Hüften schlingt, genannt Dhoti. Hier in Kerala tragen das ganz viele Männer und auf den Backwaters wollte ich das auch mal ausprobieren.
Kurz nach eins waren wir dann schließlich dort, Koffer an Bord und gleich darauf ging es dann auch schon los, wir vier und drei Mann Besatzung, die Aufgabenaufteilung war mir nicht ganz klar, einer war der Koch und die anderen zwei haben sich am Steuer abgelöst, aber irgendwie war ja mehr zu tun und die drei haben das alles vorbildlich erledigt, will heißen, sie waren nie aufdringlich, eigentlich auch nie zu sehen (außer dem Steuermann natürlich), aber irgendwie war doch immer alles zur rechten Zeit da. Plötzlich gab es Mittagessen, dann mal zwischendurch gebackene Bananen und noch bevor man sich darüber im klaren war, dass das seltsame Gefühl im Bauch gerade Kaffeedurscht ist, wurde auch schon Kaffee oder alternativ Tee gereicht.
Links und rechts zogen die palmenbewachsenen Ufer vorbei, Menschen, die sich im Wasser wuschen, Frauen, die die Wäsche ausschlugen, Kinder, die in Schuluniformen entlang des Wassers marschierten und natürlich jede Menge anderer Hausboote. Wer es hier nicht schafft die eigene Lebenstaktung nach unten zu fahren, hat irgendein Problem. Das letzte Mal dass ich eine ähnliche Tiefenentspannung empfunden habe war vermutlich, als ich im Bugkorb einer Segelyacht gesessen bin, und das habe ich seit Jahren nicht mehr gemacht.
Irgendwann haben wir einen Zwischenstopp gemacht um Fisch für das Abendessen zu kaufen. Wir, die Jungs und ich, Kathrin isst ja keinen Fisch, haben uns dann ganz fachmännisch und professionell für ¨das da¨ und ¨das da¨ entschieden. Angeblich haben wir dann Salmon und Lobster bekommen, aber irgendwie glaube ich das nicht, das war weder Lachs noch Hummer, eher ¨dem Lachs sein Bruder¨ (eine gewisse Ähnlichkeit hatte er ja schon) und Languste, aber vielleicht ist die Familie Salmon und die Familie Lobster ziemlich groß. Aber ist ja eh egal, Namen sind bekanntlich Schall und Rauch, wichtig ist was reinkommt in den Bauch...:-)
Wir haben wieder abgelegt und der Koch und der, der gerade nicht Steuermann war, haben sich sofort an die Zubereitung gemacht. Ich habe dann mal gefragt ob man denn eigentlich mal reinspringen könnte in die Backwaters und sofort wurde ein geeigneter Liegeplatz gesucht. Basti, Bene und ich sind dann auch direkt vom Boot ins Wasser gehüpft und ich weiß nicht was ich erwartet habe, aber wenn man trocken in ein Wasserbecken springt wird es doch immer irgendwie erstmal ein bisschen kalt am Anfang, oder? Nicht so hier, das Wasser war, wie man in Bayern sagt, bacherlwarm, wahrscheinlich so um die 30 Grad. Also Erfrischung geht anders.
Gegen halb sechs haben wir dann angelegt und so konnten wir vor dem Dunkel werden noch ein bisschen ins ¨Little Village¨ spazieren. Beim dortigem Hindutempel waren sie gerade dabei unzählige Lichter anzuzünden und wir wollten uns das gerne anschauen, aber das war das erste Mal, dass wir in einen Tempel nicht eingelassen wurden. Einige Tage später habe ich an einem anderem Hindutempel auch ein Schild gesehen auf dem stand: ¨Entry for Hindu Worshippers only¨... na gut, das muss man natürlich respektieren.
Zurück an Bord gab es dann auch bald Abendessen, nicht weil es eine bestimmte Uhrzeit war und das halt so ist bei der Hausboot-Tour, nein wir sind gefragt worden wann sie denn das Abendessen reichen sollen. Das mag sich nach einer Kleinigkeit anhören, aber genau an so Kleinigkeiten machen sich die Unterschiede zu Deutschland fest und das ist halt so oft so. Man fühlt sich wirklich als ¨König Kunde¨.
Wir hatten ja schon im Vorfeld den Tipp bekommen, dass wir ein Fläschchen Rotwein mit auf das Hausboot nehmen sollten, dem sind wir auch übereifrig gefolgt und haben dann am Abend noch zwei Flaschen nahezu vollständig vernichtet. Die Crew hat den ganzen Terrassenbereich des Boots mit einem Moskitonetz versehen, wobei ich das Gefühl hatte, das wäre gar nicht nötig gewesen. Komischerweise waren hier am Wasser viel weniger Blutsauger unterwegs als in den Regentagen in Bangalore.
Morgens wurden dann schon um 6:30 die Motoren wieder angelassen und wir haben die Rückfahrt angetreten. Leider war unser Pick up Service noch nicht da, Mr. Unni hat sich an diesem Tag zwangsfrei nehmen müssen, weil er bei der Polizei antreten musste um seine ¨Ich war nicht angegurtet¨ Strafe von 500 Rupees persönlich zu begleichen. Ich glaube ich habe ja schon mal erzählt, dass auf dem Motorrad nur der Fahrer einer Helmpflicht unterliegt (an die sich by the way viele auch nicht halten), die ein bis vier Mitfahrer brauchen keinen Helm tragen. Beim Auto ist es genauso, Gurtpflicht für den Fahrer, alle anderen können machen was sie wollen...
Jedenfalls steckte der Ersatzfahrer im Stau und wir mussten fast eine Stunde in der schwülen Hitze (um halb neun!!!) warten. Aber was soll´s, that´s life, wenn wir das gewusst hätten, dann hätten wir halt erst später abgelegt...
Wir sind dann an ein anderes Ende der Backwater gebracht worden ins Hotel Royal Riviera. Der Plan war ja eigentlich die letzten zwei Tage des Urlaubs noch einen auf geruhsam zu machen und Pool und Sonne zu genießen. Leider hat sich das Hotel als nicht soo dafür geeignet rausgestellt, weil es zwar einen Pool gab, aber keine Liegen und was schlimmer war, keine vernünftigen Schattenplätze. Für den Rest des Tages war es ok sich unter einem kleinen Sonnenschirm auf Plastikstühlen von Dan Brown´s Inferno fesseln zu lassen, aber am nächsten Tag wurde das dann doch zuviel...
Mr. Unni stand wieder zur Verfügung und so haben wir uns in die nächste Stadt zum Bummeln (soweit man im indischen Chaos dieses Wort überhaupt benutzen mag) bringen lassen.
Auf dem Weg dahin hat er uns aber noch zu einer Kirche gebracht, weil wir uns halt schon gerne mal Kirchen anschauen, bzw. ich Kirchen immer als besonderen Ort des Friedens empfinde, auch wenn ich mit meiner römisch-katholischen Religion ja inzwischen gar nix mehr anfangen kann. Eigentlich konnten wir uns dann sogar zwei Kirchen anschauen, weil die fast nebeneinander lagen, eine katholische und eine orthodoxe. Ich bin ehrlich gesagt nicht so sattelfest, was jetzt genau die Unterschiede zwischen den verschiedenen Ausprägungen der christlichen Kirchen sind (bei den Katholiken gibt es die Hölle, so gesehen habe ich eh die Arschkarte gezogen) und ehrlich gesagt ist mir das auch vollkommen wurscht. Diese ganzen institutionalisierten Einrichtungen des Glaubens sind mir zuwider. Ich möchte Orte haben an denen ich über Gott (oder Götter) und die Welt nachdenken kann, egal ob das eine Kirche ist, ein Tempel, eine Moschee, ein einsamer Strand oder ein Berggipfel. Und ich möchte mich unterhalten lassen von den Geschichten die sich die Religionen erzählen ohne sie ernst nehmen zu müssen.
Und vielleicht möchte oder muss ich mal die Sozialleistungen meiner Kirche in Anspruch nehmen, hauptsächlich vermutlich die immateriellen...
Jedenfalls hat mich diese syrisch orthodoxe Kirche sehr fasziniert. Sie stammt aus dem Jahr 1579 und was ich so toll fand ist, dass uns der Pfarrer (der uns eine persönliche Führung gab, aber das haben wir hier ja schon oft erlebt, auch in der anderen Kirche und auch in vielen Tempeln) erklärt und gezeigt hat, dass sich im Gebäude Symbole aus allen möglichen Religionen befinden. Dass die Kirchen hier in Indien viel bunter sind als in Europa und viel Hindu-Einfluss besteht ist offensichtlich, hier wurde der ganze Eingangsbereich einem Hindutempel nachempfunden, aber in diesem Fall hat er uns an der Fassade gezeigt wo der Islam abgebildet ist, welche Symbole aus dem Buddhismus kommen und dass selbst die Parsi sich in Form von bestimmten Engelssymbolen wiederfinden. Super, eine Kirche genau nach meinem Geschmack, all in one..;-) und als Zuckerl obendrauf hat sich in unserer Besuchszeit im Holzgebälk des Dachstuhls auch noch gerade ein wunderschöner Kingfisher niedergelassen und ausgeruht (Das Bier hat sich nach dem Vogel benannt, nicht umgekehrt...)
Übrigens sind außen an der Kirche Fernseher angebracht, damit die Leute, die keinen Platz mehr bekommen im Gottesdienst das Geschehen draußen verfolgen können. Zu jeder Messe kommen so zwischen 400 und 600 Leute. Irgendwas scheint hier anders zu laufen...
Der Rest der ¨Relaxtage¨ war relativ unspektakulär, am Abreisetag hat uns Mr. Unni nochmal (allerdings gegen Aufpreis) nach Fort Kochi gebracht damit wir den anfangs verpassten Dutch Palace und die Synagoge doch noch besichtigen konnten. War beides ok, vor allem im Dutch Palace sind einige schöne Wandgemälde mit Motiven aus dem Hinduismus zu sehen. Außerdem war der Eintritt mit 5 Rupees sowohl im Palace als auch in der Synagoge mehr als erträglich.
Mir war allerdings die gemütliche Tasse Tee auf dem Balkon eines Cafés mit Aussicht auf die Verkaufsgässchen lieber.
Der Rückflug war insofern nochmal erwähnenswert, weil Basti schon immer mal mit einem Propellerflugzeug fliegen wollte und JetKonnect, die Gesellschaft die wir für den Flug von Kochi nach Bangalore gebucht hatten bedient diese Strecke mit einer ATR 72. Also war ihm auch dieses Erlebnis vergönnt...:-)
So
27
Okt
2013
Fußball und Oktoberfest
Benedict ist am Samstag schon in Allerherrgottsfrüh mit Shekar und einigen anderen Stonehillschülern zur Trio World School gefahren, weil dort zum Fußballturnier geladen wurde. 12 Jungs-Mannschaften und 8 Mädls-Mannschaften von verschiedenen Schulen Bangalores sind angetreten. Wir sind so erst am Ende der Vorrundenspiele dazugestoßen mit der Hoffnung, dass es die Stonehill Mannschaften in die Endrunde geschafft haben. Haben sie auch, die Mädchen sind schließlich Dritter geworden und die Jungs haben im Finale gegen die Canadian International School bis eine Minute vor Schluss mit 1:0 vorne gelegen, dann fiel der Ausgleich und beim anschließendem 5? oder 7? -meterschießen (welche Entfernung nimmt man denn beim Kleinfeld?) hatten sie leider nicht das Glück auf ihrer Seite.
Am Abend ging´s dann ab ins Oktoberfest ins Vivanta Hotel. Ausgerüstet mit bayrischer Tracht sind wir wenigstens stilecht. Ansonsten war die Kleidermischung so ziemlich breitbandig, außer Dirndl und Lederhosen sah man alles Mögliche, von High Heels und Minirock bis zum Sari und einer der Inder am Empfang trug Anzug und Seppl-Hut. Wie auf der echten Wies´n halt auch, bunt gemischt.
Man hatte einen Pauschaleintrittspreis bezahlt und damit war Essen und Trinken frei. Der Nachteil dabei war, dass man sich das Trinken selber holen musste und obwohl die Jungs von Kingfisher wirklich fleißigst ausgeschenkt haben, haben sich halt doch immer Schlangen gebildet. Ich hatte das Glück einen der Maßkrüge ergattert zu haben. Den konnte ich mir immer wieder füllen lassen. Manch anderer mit einem Klein- oder gar Kleinstgefäß kam ja aus der Schlange gar nicht mehr raus, der konnte sich nach dem Befüllen ja gleich wieder hinten einreihen...;-)
Zum Essen gab es außer dem üblichen indischen Buffet noch als bayrische Spezialität Leberkäse, so eine Art, naja, nennen es wir mal Bratwürste und Minibrez´n. Leider musste man zum Essen in ein Nebenzimmer gehen, wahrscheinlich wollten die Hotelbesitzer halt die schlimmsten Schäden vermeiden, in dem eigentlichen Festsaal war ein Teppichboden und die Bierflecken werden schon genug Arbeit machen. Ansonsten war die Stimmung sehr gut und die Leute sind auch ganz schnell auf den Bänken gestanden und die Bank neben uns hat auch ziemlich bald das Zeitliche gesegnet (wie im echten Leben halt auch). Den vielzähligen indischen Besuchern hat es anscheinend auch gut gefallen, ich war ein bisschen überrascht, ich hatte eigentlich wieder mit einer fast ausschließlichen westlichen Besucherschar gerechnet, wie damals bei der Indian Night, aber die Aufteilung war so halbe-halbe. Nur waschechte Bayern gab es kaum, also alles wie beim echten Oktoberfest.
So, jetzt heißt es aber raus aus den Federn und das Geburtstagskind wecken, Benedict wird heute 15...
Do
31
Okt
2013
Ein langes Wochenende…
…steht ins Haus. Morgen feiert Karnataka seinen Geburtstag, seit 1.11.1956 gibt es diesen Bundesstaat und am Montag ist dann schließlich Diwali, das Lichterfest. Selbst die Schule ist an beiden Tagen zu (was ja nicht immer an Feiertagen der Fall ist) und legt sogar noch den Dienstag mit drauf, das heißt, ein 5-Tage Wochenende liegt vor der Türe.
So eine Gelegenheit will natürlich genutzt sein. Wir werden also am Freitag nach Goa fliegen und dort ein paar faule Strandtage einlegen. Und die Krönung der Dekadenz: Shekar fährt als Vorhut schon mal heute mit dem Auto hin (er ist seit 9:00 unterwegs) und holt uns dann in Goa vom Flughafen ab.
Ursprünglich war das nicht so geplant, aber Shekar hat diesen Vorschlag gemacht, für ihn ist es ja praktisch auch Urlaub und die Gelegenheit mal weg zu kommen und wir sparen uns die Mühe in Goa einen Extrafahrer anzuheuern. Außerdem macht er das nicht das erste Mal und er hat gemeint die Fahrzeit betrüge so zwischen 9 und 11 Stunden. Eine klassische Win-Win Situation also :-).
Um den Sprit brauchen wir uns auch keine Sorgen zu machen, weil uns pro Monat 3000 km zustehen und nachdem ich seit Kerala praktisch jeden Tag mit dem Motorrad zur Arbeit fahre sind wir noch weiter von diesem Limit entfernt.
Und außerdem müssen wir dann nur leichtes Handgepäck mitnehmen, den Rest bringt Shekar, zusammen mit unserem Sprengstoffarsenal, das wir im Flieger eh nicht mitnehmen dürften.
Diwali ist nämlich für die Hindus sowas wie Weihnachten und Silvester zusammengenommen. Man schenkt sich was zu Diwali und die Angestellten bekommen ein 13. Monatsgehalt (ich leider nicht, aber unser Personal). Man feuert aber auch Raketen und Kracher ab zu Diwali und deswegen sind seit Tagen überall Feuerwerksverkaufsstände aufgebaut. Das Zentrum ist in der Hosur Road, kurz bevor es aus Karnataka raus nach Tamil Nadu geht. Shekar hat uns am Sonntag Abend noch hingefahren mit dem Hinweis, dass er die Verhandlungen übernimmt und dass alle normalerweise sehr große Rabatte gäben. Letztendlich war es auch so und wir haben schließlich ca. 15% von dem auf den Verpackungen angegebenen Preis bezahlt. Also 85% !!! Nachlass.
Jetzt muss ich ja zugeben, dass ein weiterer Jugendtraum von mir ist, einmal Silvesterraketen barfuß vom Strand aus abzufeuern. Jetzt bietet sich die Gelegenheit, und nachdem meine Jungs halt auch ein gewisses Pyromanen-Potenzial in ihren Genen haben sind die natürlich auch sehr begeistert. Also haben wir ziemlich aufgerüstet, wahrscheinlich könnten wir den halben Strand von Goa in die Luft sprengen...ob das mal Alles gut geht...ich werde es berichten, in einem Goa-Special, nächste Woche...
So, jetzt musste ich gerade nochmal Süßkram kaufen, heut´ ist ja Halloween und eine ¨Trick or Treat¨ Bande nach der anderen gibt sich unsere Türklinke in die Hand. Den ersten habe ich noch deutsche Schokolade gegeben, aber diesen Unmengen an kleinen Monstern ist selbst mein beachtlicher Vorrat an eigenhändig importierten Ritter Sport Tafeln nicht gewachsen...