Sa
01
Feb
2014
Alltag
So eine lange Blogpause. Eigentlich ist allerhand los gewesen, aber eben nichts Ungewöhnliches, nichts ¨indisches¨, nichts worüber ich unbedingt schreiben wollte... Alltag halt. Aber das wird sich bald wieder ändern...:-)
Ein bisschen hat es auch mit zunehmender Schreibfaulheit zu tun, bzw. einfach einem Nachlassen der Disziplin (was man gewöhnlich gerne mit Zeitmangel umschreibt...;-) mal schauen wie sich das weiterentwickelt.
Aber ganz gewöhnlicher Alltag stimmt auch wieder nicht. Außer Arbeit und Schlafen war schon noch was geboten. Jede Menge Besuch zum Beispiel. Kirsten, Kollegin und Freundin von Kathrin kam vor zwei Wochen an und hat knapp 10 Tage bei uns verbracht, eine Woche nach ihr kamen zwei ihrer Freundinnen in Indien und damit bei uns an und momentan sind sie zu dritt in Südindien unterwegs. In der gleichen Woche kam auch noch Christian, ein Kollege aus Manching anlässlich einer Dienstreise an einem Abend vorbei und hat ein paar nützliche Dinge mitgebracht und dafür natürlich außer den obligatorischen Kingfishern auch noch leckeren Whisky gekriegt (Ich bin ja am nächsten Morgen schon etwas schwerer aufgestanden, ich weiß ja nicht wie es Dir ging...)
Und gestern in den Morgenstunden ist Kathrins Schwester Ulrike angekommen. Die beiden sind seit heute früh unterwegs und werden irgendwann die Tage mit den oben erwähnten drei Mädels zusammentreffen, Ulrike wird die drei dann weiter begleiten und Kathrin kommt in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag zurück, was sich gut trifft, weil ich am Donnerstag für eine Zwei-Tages Dienstreise nach Delhi fliege...
Alltag halt...
Kulturtechnisch war natürlich auch was geboten, allerdings halt auch das fast schon Übliche: Zweimal Jagriti-Theater, beide Male wieder sehr gut, dieses Theater in Fußnähe am Eingang des Compounds ist ein echter Glücksfall...einige Konzerte, darunter eine sehr passable indische Queen Coverband im Hard Rock Cafe und zweimal Kino, ¨American Hustle¨ und ¨The Wolf of Wall Street¨.
Ich habe in meinem Leben noch nie so oft in so kurzer Zeit das Wort ¨Fucking¨ gehört. Ich weiß ja nicht wie das dann synchronisiert wird, aber wer die Möglichkeit hat sich das Original anzuschauen sollte mal mitzählen...nein, muss man natürlich nicht, für wichtige Informationen gibt es ja das Internet:
Variety.com: ¨Wolf of Wall Street brakes F-Word Record¨ Angeblich 506 mal in 180 Minuten...etwas weniger als dreimal pro Minute...ja, scheint mir glaubhaft zu sein.
Am Mittwoch Nachmittag kam dann noch der überraschende Anruf, dass mein neues Bike schon abholbereit wäre...am selben Tag ging es nicht mehr, aber am Donnerstag bin ich natürlich sofort nach dem Office zum Händler gefahren. Allerdings hat man mich da erst mal eingebremst...ich durfte erstmal lediglich den Restbetrag bezahlen, was im Prinzip der vollen Summe entsprach, die Anzahlung betrug nur ca. 2%.
Dann die Aufforderung am nächsten Tag (also gestern) wieder vorbeizukommen, diesmal allerdings nur zum Unterschreiben der RTO- (Regional Traffic Office) also Zulassungspapiere. Abholen kann ich es jetzt angeblich am Mittwoch...
Nachdem ich also am Donnerstag eh schon unterwegs war bin ich dann gleich noch in eine Anzug Schneiderei gefahren. Ich habe nach der letzten Dienstreise nach Deutschland im Oktober keinen Anzug mehr mit nach Indien genommen, weil ich hier normalerweise im Arbeitsalltag keinen brauche, jetzt allerdings eben doch für den Delhi Trip. Und jetzt wird mir einer maßgeschneidert, ich wollte das eh machen lassen, weil es hier halt erschwinglich ist und bei uns ja vollkommen außerhalb des finanziellen Rahmens. Am Montag Abend darf ich zur Anprobe kommen...schaun mer mal...
Achso, und warum wird sich der Alltag bald wieder ändern? Übernächste Woche sind beide Kinder außer Haus, weil in der Schule die Woche der Field-Trips ist. Sebastian fährt mit seiner Klasse nach Coorg, einer Provinz in den Western Ghats und Benedict geht mit seiner Jahrgangsstufe zum Trekking ins Himalaya...Zelten im Schnee...
Kathrin will in der Zeit (wieder) ein bisschen mit Ulrike, die bis dahin wieder da sein wird, herumreisen und ich habe beschlossen eine etwas längere Motorradtour zu machen, Ziel ist es die indische Südspitze zu umrunden. Mal sehen, ob Bike, Rücken und Hintern durchhalten...aber ein paar Tage Alltag sind´s ja noch bis dahin...
Mo
17
Feb
2014
Rund ums Kap, part1
Erster Teil:
Von Bangalore über Chennai nach Pondy
Erst mal ein paar zusammenfassende Gesamt-Tour Daten:
- Insgesamt 2761 Kilometer
- ein paar ziemlich verschlissene „Bob Marley Motorrad FlipFlops"
- eine Blase am Mittelfinger der Kupplungshand
- ein nicht zu vernachlässigender Schmerz am Hintern
- ein saugeiler Trip :-) mit Erlebnissen, die ich mein ganzes Leben nicht vergessen werde.
Aber wie kam es überhaupt dazu?
Es war ja schon von Anfang an ein vager Traum das indische Kap mit dem Motorrad zu umrunden und durch diese Woche, die ich mir frei nehmen konnte, wurde es plötzlich möglich, also spontane Entscheidung: Jetzt pack ich's...
Der letzte Besuch (Kirsten und die Mädels) haben mir aus Deutschland noch eine Gepäckrolle, ein paar Spanngurte und eine Dose Kettenspray mitgebracht, einen Tankrucksack und einen normalen Rucksack hatte ich ja schon, also war das nötige Rüstzeug auch vorhanden.
Ich habe die Idee dann auch schon ein paarmal bei meinen indischen Kollegen angesprochen, prinzipiell fanden sie das alle auch ganz toll, aber es kam unisono immer wieder die Bemerkung: „Michael, you shouldn't do this alone...“, nett, sie machen sich nämlich wirklich Sorgen, bzw. besser ausgedrückt, sie kümmern sich. Aber ich habe festgestellt, dass das eine durchweg indische Eigenschaft ist, wenn man mal in den „inner circle“ eines Inders aufgenommen ist, dann sorgen sie sich, die haben da einen ganz tollen Zusammenhalt. Begründet ist das sicherlich damit, dass es hier ja praktisch kein Sozialsystem gibt, man ist also auf den „Freundeskreis“ angewiesen. Meine Standardantwort auf diese Bedenken war dann auch immer: „Don't bother, I'm not alone, I've got my Enfield with me...;-)“
Und sie haben mich dann auch mit Tipps überhäuft, wo man am Besten halt macht, Hotels findet usw.
Das ist übrigens auch eine universelle Eigenschaft der Inder, sie sind sehr stolz auf ihr Land und freuen sich auch über persönliches Feedback. Ein Tipp für jeden, der mit Indern zu tun hat, man sollte, wenn möglich rausfinden woher die Leute genau kommen, es macht für sie schon einen erheblichen Unterschied, aus Delhi, aus Tamil Nadu, aus Kerala oder woher auch immer zu stammen. Wenn man dann noch ein bisschen was über die jeweilige Familie weiß, ist man schon einen großen Schritt weiter...
Wirklich los ging's also dann am Samstag 8.Februar, aber nicht wie geplant am frühen Morgen, der Business Trip nach Delhi endete erst in der Nacht von Freitag auf Samstag um 2 Uhr morgens und ein paar Stunden Schlaf wollte ich mir schon gönnen...
Der erste Abschnitt sollte mich nach Chennai (ehemals Madras) bringen, etwas mehr als 300 km und auf einer relativ guten Straße, eigentlich das was einer Autobahn fast schon am nächsten kommt...also, Ohrhörer rein (ja, ja, ich weiß, das macht man beim Motorradfahren eigentlich nicht, aber wenn es nur geradeaus geht..und Geschwindigkeitsrekorde bricht man mit 19,8 Pferdestärken ja eh nicht) und schon kommt relativ schnell Urlaubsfeeling auf. Nichtsdestotrotz war es schon dunkel als ich in Chennai ankam und ich musste feststellen, dass das Verkehrschaos in Chennai dem Chaos auf Bangalores Straßen in keinem Punkt nachsteht. Es war also schon gut 22:00 Uhr, als ich endlich ein Hotel gefunden hatte. Nur noch ein bisschen was essen und ein oder zwei Kingfisher zum verdienten Feierabend...aber die Auskunft im Hotel war mal wieder, sie hätten keine Lizenz zum Alkoholverkauf, aber es gibt relativ nahe eine Kneipe, „Chill and Grill“, da würde man Bier kaufen können...
Diesem Tipp bin ich auch gerne gefolgt und er hat sich auch als genial rausgestellt, nicht nur des Essen und Trinken wegens, sondern weil auch noch ausgesprochen gute Rockmusik gespielt wurde...:-)
Zurück ins (einfache) Hotel und nur noch ins Bett fallen...allerdings war mein Zimmer in unmittelbarer Rezeptionsnähe und inzwischen hatte der anscheinend schwerhörige Nachtportier übernommen und den Fernseher mit maximaler Lautstärke betrieben...noch dazu alles in einer Sprache, die ich absolut nicht verstand, da Chennai in Tamil Nadu liegt, vermutlich in Tamil... als der Film endlich zu Ende war, haben zwei Katzen unmittelbar vor meinem Fenster angefangen ihre Kämpfe auszutragen...das darf doch nicht wahr sein...aber schließlich konnte ich doch noch einschlafen.
Der nächste Tag ging also relativ zäh los, Abfahrt war dann auch erst um halb zehn, und ein bisschen was von der Stadt wollte ich mir ja auch anschauen. Also, bevor es Richtung Süden ging erstmal zurück an die Strandpromenade. In den Reiseführern steht ja, dass Chennai nicht unbedingt sehenswert wäre, aber der Strand ist schon imposant, so breit, dass man von der Straße aus das Meer eigentlich auch nur erahnen kann...der Fußmarsch bis zum Wasser war mir dann auch zu anstrengend, aber den Weg zwischen Hauptstraße und Strand bin ich teilweise abmarschiert, bzw. gefahren. Es gibt dort Denkmäler für verstorbene Ministerpräsidenten von Tamil Nadu, meine Herren, da soll sich nochmal einer darüber aufregen, dass man den Münchner Flughafen nach FJS benannt hat...
Auf dem Weg Richtung Süden, noch in Chennai habe ich dann an einer relativ großen und imposanten Kirche angehalten, da war gerade Gottesdienst und wieder einmal der Effekt, dass die Kirche übervoll war und Leute, die keinen Platz mehr bekommen hatten, draußen standen. Ich bin drumherum marschiert und habe dabei erfahren, dass dort die Gebeine des Apostels Thomas liegen. Es gibt ausser in Chennai nur noch zwei andere Orte an denen über Apostelgräbern Kirchen gebaut worden sind, die Petersbasilika in Rom (Petrus) und die Kirche in Santiago de Compostella (Jakob). Da bin ich also ganz per Zufall auf einen Vertreter der Gründungscombo gestoßen...beim dem verheerenden Tsunami 2004 ist dieser Strandabschnitt anscheinend relativ verschont geblieben...natürlich ein Zeichen Gottes...;-)
Weiter ging's und kurz vor Stadtende ist mir dann an einer Ampel so ein Vollpfosten von TucTuc Fahrer hinten aufgefahren. Gott sei Dank ist nichts Schlimmes passiert, nur ein paar Kratzer am Nummernschild, aber das war sicherlich das erste Mal im Leben des TucTuc Fahrers, dass er jemanden bayrisch fluchen hören hat...jedenfalls hat er ganz verschreckt geschaut, der Arme..:-)
Der nächste Stopp war dann der Tiger Temple, ein in Stein gehauener heiliger Ort, direkt am Meer.
Am Eingang ist mir dann eine Halskette aus Sandelholz angedreht worden, nach Handeln habe ich dann zu dem eh schon billigem Preis zwei erhalten...allerdings etwas eng für meinen bayrischen Stiernacken, aber als Armband machen sie sich auch ganz gut...:-)
Ich habe den Halt dann auch genutzt wenigstens die Füße mal ein bisschen im Golf von Bengalen zu baden. Direkt am Strand hat eine Frau Fisch auf einem einfachen Ofen gebraten und für ein paar Rupees verkauft, den konnte ich mir natürlich auch nicht entgehen lassen...
Dann führt die Küstenstraße direkt nach Mamallapuram, einer Stadt mit sehr alten Tempelanlagen, die auch als Weltkulturerbe eingestuft sind...ich habe mich aber dort nicht allzulange aufgehalten, wir haben ja Anfang März einen Familientrip geplant bei dem dieser Ort auch auf dem Programm steht. Inzwischen habe ich mein Tagesziel eh schon auf Pondycherry runtergeschraubt...allerdings heißt das die „Schlagzahl“ in den nächsten Tagen wieder ein bisschen zu erhöhen.
Vorher ist mir aber noch ein Elefant „über den Weg gelaufen“, also kein wilder, aber man hat gerade ein neues Convention Center eingeweiht und dabei kam halt auch der Elefant als Attraktion zum Zuge...kein langer Aufenthalt, aber wenigstens ein paar Fotos machen...
Ich habe dann auch noch so rechtzeitig kurz vor Pondy ein Hotel gefunden, dass ich mir noch bei Tageslicht ein Bad im Meer gönnen konnte.
Abends bin ich dann in die Stadt, ein bisschen flanieren und es war schon irgendwie ein lustiges und schönes Gefühl „wiederzukommen“ und vor dem Restaurant zu stehen auf dessen Dachterrasse ich ca. ein halbes Jahr zuvor einen schönen Abend mit den Regensburgern verbracht habe (Siehe Pondy Blog). Die Versuchung reinzugehen war auch ziemlich groß, aber schließlich habe ich es dann doch vorgezogen mit einer Flasche Wein und einem Snack ins Hotel zurückzufahren, schließlich hatte mein Zimmer einen Balkon mit Meerblick, und das muss unbedingt ausgenutzt werden...
Mi
19
Feb
2014
Rund ums Kap, part2
Zweiter Teil:
Von Pondy nach Rameswaram
Nach der Flasche Wein war das Aufstehen am Montag früh auch nicht gerade einfach, aber da muss man durch...noch ein Frühstück im Hotel und los geht’s, das Tagesziel ist der Landzipfel, der in Richtung Sri Lanka zeigt mit der Stadt Rameswaram an der Spitze.
Die Fahrt dorthin ist relativ langwierig, weil die Straßen nicht wirklich in gutem Zustand sind. Angesichts dessen mache ich auch keine Extraabstecher und bleibe nur ab und zu zum Teetrinken stehen.
Die Tasse indischer Chai kostet am Land 5 Rupees, also 6 Cent. An einem Stand habe ich mein Motorrad in der Sonne abgestellt, hab mich hingesetzt, eine Tasse bestellt, da bietet mir der Verkäufer auch noch indisches Knabbergebäck dazu an, das ich natürlich gerne probiere. Beim Bezahlen wollte ich ihm einen Zehner geben, den er aber vehement abgelehnt hat, 5 Rupees und keinen Paise mehr (das ist die Unterwährung, die aber nur in der Theorie existiert).
Als ich zum Motorrad gehe, sehe ich, dass er auch noch eine Decke über den Sattel gelegt hat, „damit er nicht so heiß wird von der Sonne...".
Die indische Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft ist schon wirklich unübertroffen. Sobald ich irgendwo an einer Straßenkreuzung stehen bleibe um auf dem Handy-Navi nachzuschauen ob ich noch „on track" bin, dauert es meist keine 5 Minuten bis der erste kommt oder anhält und sich erkundigt, ob ich ein Problem hätte und Hilfe bräuchte...unglaublich toll.
Als ich schließlich in Rameswaram ankomme bin ich schon ziemlich kaputt, es ist auch kurz vorher dunkel geworden und sowohl der Rücken als auch die Verlängerung schmerzen und im Gesicht macht sich die Sonne ziemlich bemerkbar. Ich habe leider vergessen Sonnencreme einzupacken und außerhalb großer Städte ist es auch unmöglich welche aufzutreiben. Das erste Hotel, das ich anfahre ist leider schon voll, im zweiten kann ich einchecken, allerdings ist das verhältnismäßig gehoben und der Pförtner rümpft schon erstmal die Nase, bevor er mir mit meinem „Wild Hogs" Aussehen das Eingangsgatter öffnet...:-)
Als ich an der Rezeption die ganzen Eincheck-Formalitäten erledige kommt der Hotelrestaurantchef auf mich zugestürmt: „I saw you just arriving with the Enfield, you must have had a long journey, I would like to invite you for a free dinner!" Wahnsinn, oder?
Nach dem Abend-Buffet geht es dann auch relativ schnell ins Bett es war ein anstrengender Tag und großartig Aufregendes ist ja am Montag abend nicht mehr zu erwarten...
Am nächsten Tag entscheide ich mich eine weitere Nacht zu bleiben, schließlich ist mir Rameswaram von meinen indischen Kollegen besonders empfohlen worden.
Also nach dem Frühstück ab in die Stadt, bzw. die Halbinsel erkunden. Etwas außerhalb des Ortes bleibe ich stehen um ein Foto vom Palmenstrand zu machen und schon werde ich wieder angesprochen, diesmal von einem Fischer namens Sahayaraj. Ob ich denn nicht von ihm zu einem Korallenriff geführt werden wolle. Wie, ich habe ja gar kein Badezeug mit...kein Problem, in Unterhosen und das Wasser ist so seicht, dass man ohne Boot hingehen könne. Na gut, warum nicht, der Preis von 300 Rupees für eine Stunde Privatführung erscheint mir auch nicht übertrieben, also los geht’s, raus aus den Klamotten und rein ins Wasser. Der Fischer holt noch Taucherbrillen und auf geht’s.
Was dann folgt ist dann auch echt schön, kein wirkliches Riff, aber viele unterschiedliche Korallen im klaren Wasser und ab und zu auch Fische und Seegurken, ein lohnenswertes Erlebnis, das auch weit länger als eine Stunde dauert , aber der Fischer ermuntert mich immer wieder, das müsse ich noch sehen und das...also, Zeit scheint nicht wirklich eine Rolle zu spielen, sehr sympathisch.
Als wir wieder zurück an Land sind, fragt er mich, ob ich denn schon was zum Abendessen vor hätte, oder ob ich nicht kommen wolle, seine Frau, Rani, würde Fisch machen...
Klar, die Verabredung für 19:30 steht...:-)
Die Zeit dazwischen nutze ich um ganz gemütlich ein bisschen in der Gegend rumzufahren, einige Tempel anzuschauen, Rameswaram ist ein sehr heiliger Ort, deswegen gibt es davon jede Menge, am Eindrucksvollsten ist der Haupttempel in der Stadt, riesengroß, nur leider muss man am Eingang sowohl Fotoapparat als auch Handy abgeben. In den innersten Bereich darf man dann auch gar nicht rein, ab einem gewissen Punkt ist der Zutritt nur für Hindus erlaubt...
An mehreren Stellen gibt es Wassertanks an denen sich viele Hindus vollkommen bekleidet eimerweise Wasser über den Kopf schütten lassen, das scheint irgendein besonderes Reingungsritual zu sein...
Rechzeitig zum Sonnenuntergang fahre ich an das Kopfende der Landzunge, dort gibt es einen schönen Strand und ich nutze die Stimmung für ein „Fotoshooting" mit meiner Enfield...
Gar nicht so einfach, mit der Kiste durch den lockeren Sand zu kommen...
Von hier aus ging es ja früher noch etwas weiter und man konnte noch ein Stück mit dem Zug fahren bis zu einem Punkt an dem man dann das Boot nach Sri Lanka nehmen konnte... Leider gab es im Dezember 1964 so einen gewaltigen Zyklon, dass dieser Landteil inklusive Infrastruktur komplett weggefegt wurde und seither ist es auch von dem Punkt aus nicht mehr möglich die gut 20 km entfernte Insel zu erreichen.
Dann ist es auch schon Zeit für meine Abendessensverabredung, als ich ankomme ist noch der Bruder des Fischers da, was sich als großes Glück herausstellte, weil der sehr gutes Englisch spricht.
Wie sich allerdings zeigt, gibt es zwar ausgesprochen leckeren Fisch mit Reis als Beilage, aber ich bin der einzige der isst. Auf meine Nachfrage hin ist die Auskunft, alle anderen würden später erst essen...
Irgendwann fragt mich Antony, der Bruder, ob ich denn ein Bier wolle...jetzt bin ich aber total überrascht, damit habe ich nicht gerechnet, aber er meint er könne etwas besorgen. Zwischenzeitlich ist auch noch der Schwager des Fischers gekommen, also gebe ich ihm Geld um 4 Flaschen Bier zu kaufen...10 Minuten später kommt er auch zurück mit großen Flaschen Kingfisher extrastrong...ich wusste bis dahin gar nicht, dass es das gibt...
Die teilten wir uns dann auch allerdings nur zu dritt, weil der Sahayaraj kein Bier wollte... und das Gespräch nahm Gehalt an, wie ich es vorher nicht erwartet hätte.
Ich erfahre, dass 90 % der Fischer an der südindischen Küste Christen sind, was schon etwas Besonderes ist, bei nur 4% Anteil der Christen im indischen Gesamtdurchschnitt.
Irgendwann haben wir drei unsere jeweilige Flasche Bier ausgetrunken, der Schwager ist gegangen, so blieb also die letzte Flasche für Antony und mich. Ich schlage vor, wenn er zwei Gläser bringt, könnten wir die ja teilen und dann kam wieder etwas vollkommen Überraschendes: „No formalities, we can share the bottle". Das ist deswegen so erwähnenswert, weil die Inder so wie ich sie bis jetzt kennengelernt habe, normalerweise NIE gemeinsam aus dem gleichen Gefäß trinken und wenn doch, weil es unvermeidlich ist, dann berühren sie nicht mit den Lippen den Flaschenhals, sondern kippen sich aus einigen Zentimetern Entfernung das Wasser in den Mund, was ja mit Bier schlecht möglich ist.
Als ich schließlich mit dem Essen fertig bin und den immer wieder gereichten Nachschlag vehement ablehnen muss, weil einfach nichts mehr Platz hat, entschuldige ich mich für die Sauerei, die ich auf dem Boden hinterlassen habe, ich bin es schließlich nicht gewöhnt mit den Fingern (ausschließlich der rechten Hand!) zu essen. Und wieder überrascht er mich: „erstens sieht es bei uns genauso aus nach dem essen, und zweitens entschuldigen wir uns nie innerhalb der Familie, wir gehen davon aus, dass man ja nicht absichtlich etwas „schlechtes" tut...entschuldigen gehört nicht zu unserer Kultur. Außerdem lassen wir dem Körper freien lauf, alles andere ist ungesund"...was er auch durch hemmungsloses Rülpsen glaubhaft unterstreicht...
Ein sehr beeindruckender Abend. Ich bezahle schließlich auch für mein Essen, was vermutlich auch erwartet wird, auch wenn es nicht direkt angesprochen wird. Aber es wird für mich Zeit zu gehen, ich muss ja noch ins Hotel zurückfahren und ganz ohne Wirkung bleibt das „extrastrong" auch nicht.
Ich werde verabschiedet mit den Worten, dass, wenn ich das nächste Mal komme doch bei ihnen übernachten soll und es außerdem ziemlich schade wäre, dass ich morgen wieder aufbrechen muss, weil der Neffe heiratet und ich herzlich zur Hochzeitsfeier eingeladen wäre...
Zurück im Hotel will ich gerade in den Aufzug einsteigen, da glaube ich meinen Augen nicht zu trauen, vor dem Lift stehen Sylvie und Anne, zwei Bekannte aus Palm Meadows...so eine Wirkung hätte ich dem „extrastrong" gar nicht zugetraut ;-) , aber sie waren es tatsächlich...small world...
Ich verabschiede mich aber nach einem kurzen Smalltalk ins Bett, ich bin doch ziemlich geschafft...
Am nächsten Morgen beim Frühstücken stellt sich heraus, dass die Mädels zu viert unterwegs sind, zwei weitere Französinnen, die ich auch aus Palm Meadows kenne sind noch dabei...
So kommt es, dass ich am Frühstückstisch ein paar Geschichten von meiner bisherigen Tour zum Besten gebe und anscheinend sind sie so gut angekommen, dass mich Adelaine fragt, ob ich denn nicht am Ende meiner Reise einen kleinen Vortrag in ihrem Bekanntenkreis halten wollte...na, so habe ich mir das eigentlich nicht vorgestellt, aber wer kann schon am Morgen einem französischem Augenaufschlag widerstehen...ich bin trotzdem noch hin und hergerissen, dann kam das ultimative Totschlagargument: „We will pay you in beer..." Na, wenn das so ist...;-)
Do
20
Feb
2014
Rund ums Kap, part3
Dritter Teil:
Von Rameswaram über Kanniyakumari
nach Varkala Beach
Beim Frühstück hat mir Sylvie noch den Tipp gegeben, dass auf dem Weg zur Südspitze in dem Ort Tiruchchendur (kein Tippfehler, der heißt tatsächlich so) gerade Tempelfest ist und das eigentlich sehenswert wäre, sie kamen nämlich gerade aus der Richtung bevor wir uns in Rameswaram getroffen haben.
Ok, schaun mer mal, ob es sich zeitlich ausgeht, es ist ja noch ein Stückchen zu fahren bis dahin.
Ich bin also aufgebrochen, erstmal die Landzunge zurück bis nach Ramanathapuram um dann auf die East Coast Road in Richtung Süden abzubiegen. Jetzt muss man wissen, dass es ja hier in Indien kein vernünftiges Kartenmaterial gibt und auch die Beschilderung der Straßen eher sehr dürftig ist, aber ich habe auf meinem Handy zwar kein echtes Navigationssystem, aber natürlich GPS und eine ganz brauchbare offline Karte. GoogleMaps hätte zwar besseres Material, dazu muss man aber halt auch immer eine vernünftige 3G Verbindung haben, wovon man nicht ausgehen kann. Ich habe mir also angewöhnt, auch um Akku zu sparen, der Straße zu folgen bis wieder eine Richtungsentscheidung ansteht und dann kurz auf der Karte zu checken wie es weitergeht.
Leider habe ich einmal für längere Zeit keinen Positionsupdate gemacht und irgendwann ist mir aufgefallen, dass die Sonne im Mittel eigentlich fast immer in meinem Rücken war, was ja so gar nicht zu meiner SüdSüdWest Richtung gepasst hat. So kam es, dass ich feststellen musste ca. 40 km von meiner Route in Richtung Norden abgewichen zu sein, den gleichen Weg wollte ich nicht zurückfahren, also habe ich fast 100 km Umweg gehabt, bis ich schließlich wieder „On Track“ war.
Macht aber nichts, erstens ist ja der Weg das Ziel, und zweitens habe ich auf der Strecke etwas sehr Interessantes beobachten können. Mir ist ja auf meinen Tagestouren rund um Bangalore schon mehrfach aufgefallen, dass die Bauern die Strassen gerne nutzen um das geerntete Getreide auf dem Belag auszubreiten und so die Fahrzeuge zwingen drüberzufahren, was anscheinend einen Drescheffekt hat. Somit wird also sprichwörtlich die Spreu vom Weizen getrennt. Auf diesem Abschnitt konnte ich das ganz verstärkt sehen, scheinbar ist in der Gegend gerade Erntezeit. Die eh schon geringe Durchschnittsgeschwindigkeit wird dadurch zwar nochmal etwas runtergedrückt, aber ich konnte ein paar ganz schöne Fotos machen und wurde auch immer herzlich aufgenommen wenn ich mal Pause machte. Leider habe ich niemanden gefunden, der des Englischen so mächtig gewesen wäre, dass er mir hätte erklären können, was da eigentlich genau vor sich geht.
Angesichts der verlorenen Zeit war ich am überlegen, ob ich trotzdem noch einen Abstecher zum Tempelfest machen sollte, aber Sylvie hat so von den Glaubensfanatikern geschwärmt, die da mit durchstochenen Wangen und anderen malträtierten Körperteilen zu sehen sind, dass ich mich doch für einen kurzen Zwischenstopp entschieden habe. Andererseits wollte ich unbedingt zum Sonnenuntergang an der Südspitze sein, aber mit etwas Glück bezüglich der Straßenqualität müsste sich das ausgehen...
Diese wilden Typen habe ich zwar nicht angetroffen, aber es war ein sehr beeindruckendes Erlebnis durch das Gewusel beim Tempelfest zu laufen und wie immer bei Hindufestivitäten wurde man ja überfreundlich aufgenommen.
Schade zwar bald wieder gehen zu müssen, aber es nutzt ja nix, der Sunset ruft...
Die Erwartungen bezüglich der Straßenqualität haben sich zwar leider nicht erfüllt, aber so muss halt die Enfield ihre Offroad Qualitäten auch bei etwas höheren Geschwindigkeiten unter Beweis stellen...und ich habe es tatsächlich geschafft...allerdings auf Kosten der mechanischen und biologischen Stoßdämpfer...:-)
Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass man kurz vor dem Erreichen des Kaps einen Windpark mit hunderten Windrädern durchquert, etwas, das ich in Indien vorher auch noch nie gesehen habe.
Angekommen am Kap hetze ich runter zum Sonnenuntergangsbeobachtungspunkt, wo sich schon hunderte Menschen versammelt haben. Das Besondere an der Stelle ist ja, dass man die Sonne im Arabischen Meer versinken sieht und theoretisch kann man an der gleichen Stelle stehen bleiben, sich um 180 Grad drehen und man sieht ca. 12 Stunden später die Sonne wieder aus dem Meer, in dem Fall dem Golf von Bengalen, aufgehen. Das war auch mein Plan, allerdings wollte ich natürlich die Nachtstunden anderweitig nutzen und habe mich auf die Suche nach einem Hotel gemacht. Davon gibt es auch am Kap jede Menge, aber es bedurfte dann doch vier Anläufen um ein freies Bett in einem sehr einfachen Quartier zu finden, aber macht nix, Dusche ist vorhanden und der Zimmerservice liefert Essen und Kingfisher bis auf den Balkon, was will man mehr...
Der Wecker steht auf halb sechs, unausgeschlafen mache ich mich auf den Weg in Richtung Sonnenaufgang.
Wieder einmal zusammen mit hunderten anderen Menschen, allerdings mit dem Unterschied, dass am Abend die Leute mehr Touristencharakter hatten, am Morgen steht bei vielen doch anscheinend der spirituelle Moment im Vordergrund, und so gibt es jede Menge Sonnenanbeter, im wahrsten Sinne des Wortes, die dem Erscheinen der Sonne mit unterschiedlichsten Ritualen entgegenfiebern.
Leider ist es etwas diesig am Horizont, so dass der Sunrise eher ein „es wird halt langsam heller“ ist, aber nichtsdestotrotz ein unglaublich schöner Moment, vielleicht auch deswegen, weil bei mir das Verhältnis zwischen bewusst erlebten Sonnenuntergängen und Sonnenaufgängen, wie bei den meisten anderen Menschen (wenn sie nicht gerade Bäcker sind) wahrscheinlich auch, ca. 25:1 ist...
Kurz zurück ins Hotel, duschen und auschecken und so früh wie noch nie in diesem Urlaub raus auf die Straße.
Etwa 10 km entfernt durchquere ich Nagercoil, ein netter Ort mit einem wirklich schönen vorgelagertem Ortsteil mit einem großen Tempelbecken, das allerdings ganz ungewöhnlich neben statt in dem Tempel zu finden ist und netten Häusern drumrum. Dieser Ort verdient schon alleine deswegen etwas mehr Aufmerksamkeit, weil ich aus meinen „Vorgesprächen“ weiß, dass Jana, eine sehr nette Arbeitskollegin, mit der wir doch vor Weihnachten auf diesem Baptistengottesdienst waren, aus genau diesem Ort stammt. Wie sich nachher rausgestellt hat, auch noch aus genau diesem schönen Ortsteil. Jana hat mir übrigens letztens eine Bibel geschenkt, auch noch die Goldschnitt-Ausgabe, um mich ein bisschen zum „darin lesen“ zu animieren...unglaublich nett, aber (bis jetzt) ein vergebliches Unterfangen...
Kurze Zeit später überquert man dann auch die Grenze von Tamil Nadu in Richtung Kerala, wobei es an den Grenzen der Bundesstaaten zwar immer Grenzhäuschen gibt, manchmal auch Schlagbäume, aber bis jetzt konnte ich immer ungehindert einfach passieren.
Die Landschaft wechselt auch ihr Gesicht, entlang der Küsten Keralas sind fast überall wunderschöne Palmenwälder präsent und man trifft halt immer wieder auf die berühmten Backwaters.
Selbst das Aussehen und die Mentalität der Menschen ändert sich ein bisschen, die Leute sind ja nach meiner Erfahrung in ganz Indien ausgesprochen freundlich, in Kerala sind sie es nochmal einen Tick mehr. Und die Frauen sind auch noch eine Spur hübscher und sehr anmutig, wenn sie mit ihren aufgespannten Regenschirmen als Sonnenschutz und ihren bunten Kleidern durch die Straßen marschieren.
Mein Ziel für diesen Tag ist Varkala Beach, diese Region in Südkerala ist nach Goa eines der bekanntesten Badegebiete Indiens. Dank der relativ kurzen Strecke (<200 km) und des frühen Aufbrechens, schaffe ich es auch tatsächlich mich in die Fluten zu stürzen...
Zum Übernachten habe ich eine, zwar einfache, aber nette Hütte in Strandnähe gefunden und nach einem Schlummertrunk auf meiner Terrasse geht es dann auch relativ zeitig ins Bett, die verlorenen Morgenschlafstunden wollen schließlich nachgeholt werden...
Fr
21
Feb
2014
Royal Enfield, part 5
Here she is...:-))
Tja, wer jetzt den vierten und letzten Teil des Reiseberichts ums Kap erwartet hat, muss sich noch ein bisschen gedulden...
Jetzt gibt es erstmal einen Zwischenblog, aus gegebenen Anlaß...
Ich habe ja schon vor mehr als zwei Wochen angekündigt, dass die neue Enfield geliefert worden ist, früher als erwartet.
Ich habe sie dann am Mittwoch abend auch abgeholt, bin aber erst um 22:00 nach Hause gekommen und am Donnerstag nach Delhi aufgebrochen und dann ja gleich auf Tour mit der „Alten“ gegangen. Die ganze Woche hatte ich auch keine Gelegenheit zu fahren, gestern Abend ein bisschen und heute dann endlich das erste Mal zur Arbeit...
Also, erstes Resumee: Ganz anders als Black Beauty, statt Arbeitstier eher eleganter Racer, man merkt die fast 200ccm und 10 PS mehr schon sehr angenehm...gut, kein Vergleich zu in Deutschland fahrenden Rennmaschinen...aber im Vergleich zur Classic sehr, hmm wild.
Liegt gut in der Hand und wäre wegen der Sitzposition sehr für Schräglagen geeignet, gar nichts also für indische Straßenverhältnisse und für Bangalores Verkehr schon zweimal nicht...
Ich würde mal sagen, temperamentvoller...rot eben...:-)
Aus diesem Grund gebe ich ihr auch den Namen „Red Lady“.
Das Schöne ist, dass Black Beauty und Red Lady in keinster Weise in Konkurrenz zueinander stehen...ich habe beide am Liebsten...:-) und beide habe etwas ganz Besonderes an sich, jede auf ihre ganz eigene Art.
Sa
22
Feb
2014
Rund ums Kap, part4
Vierter Teil:
Die Küste entlang nach Norden bis Mangalore und zurück nach Bangalore
Von Varkala Beach aus in Richtung Norden führt ein National Highway, der aber ziemlich überfüllt ist. Wo immer es geht weiche ich auf die Küstenstraße aus und fahre über teilweise wunderschöne Straßen durch kleine Ortschaften, immer mal wieder den Blick auf's Meer, wobei man sich das nicht wie z.B. am Mittelmeer vorstellen kann, sondern hier ist meistens noch mindestens eine Häuserreihe zwischen Straße und Meer.
Irgendwie falle ich aber überall auf wie ein Alien. Die Schulkinder winken mir aus den Bussen zu, auf der Straße sehe ich immer wieder, wie sich Leute anstupsen und auf mich deuten...meistens dann freundlich winken, oder zumindest lächeln...
Mein Ziel für heute ist eigentlich Fort Kochi, aber als ich da ankomme ist es erst kurz nach Mittag, also beschließe ich nach einer ausgiebigen Fisch-Lunch Pause im Bob Marley Cafe noch weiter zu fahren.
Ich nehme mir vor ab 5 Uhr aktiv auf Hotelsuche zu gehen, außerhalb von Städten, bzw. touristischen Gebieten ist es nämlich gar nicht so einfach etwas zu finden.
Außerdem bezeichnet in Indien das Wort Hotel meistens ein Esslokal. Wenn man also irgendwo auf der Straße nach einem Hotel fragt, wird normalerweise als erstes die Frage gestellt: „Veg or Non-Veg?“
Kurz nach 5 sehe ich aber ein Hinweis-Schild in Richtung Strand zu einem Ayurveda Resort...naja, warum nicht, ich biege also ab, aber leider ist schon alles belegt. Der Tipp: Es gibt noch ein Nachbar-Resort...allerdings mit dem gleichen Ergebnis, alles voll...
Notgedrungen geht es also wieder auf den National Highway, dort erscheint mir die Chance doch etwas größer zu sein und schließlich will ich ja wenn möglich vor Einbruch der Dunkelheit ein Bett gefunden haben.
In einem kleineren Ort sehe ich dann auch ein Gebäude mit der Aufschrift „Tourist Home“...scheint einen Versuch wert zu sein...
Ja, Zimmer vorhanden und auch frei, allerdings macht mich der Preis etwas stutzig, 300 Rupees, 3,60 Euro...nutzt ja nix, ich kann ja nicht auf der Straße schlafen.
Das Zimmer ist allerdings dann auch keinen Cent mehr wert, du meine Güte, keine Dusche, die Toilette ziemlich versifft, das Bett knüppelhart, von Aircondition gar nicht zu reden, wenigstens gibt es einen verrosteten Ventilator unter der Decke...
Gepäck abladen und nichts wie raus hier, irgendwo wird sich ja hoffentlich eine Ladung Bier auftreiben lassen, sonst überstehe ich die Nacht hier nicht.
Ich frage an der Rezeption und die Auskunft lautet, etwa 2 km weiter gebe es einen Shop, der Alkohol verkaufen würde. Rauf auf's Bike und nix wie hin. Allerdings muss ich noch dreimal fragen, bis ich schließlich das „Geschäft“ gefunden habe...in einem Hinterhof gibt es eine Ausgabe, mit zwei Schaltern, beide hinter Gittern. Am ersten Schalter muss man bestellen und bezahlen, und am zweiten Schalter kriegt man dann die Ware...McDrive für Alkoholika...;-)
Allerdings muss ich mich in eine Schlange von ca. 100 Leuten einreihen. Nach wenigen Minuten beschließe ich aufzugeben und erstmal etwas zu essen, vielleicht ist nachher der Ansturm ja geringer.
Ca. eine Stunde später der zweite Versuch und tatsächlich ist die Lage erheblich besser geworden...relativ gesehen...die Wartezeit beträgt immer noch ungefähr eine halbe Stunde.
Vorsichtshalber nehme ich mal ein Bier mehr mit, wer weiß wielange es dauert, bis ich heute Schlaf finden kann.
Nächste Enttäuschung, das Bier ist natürlich nicht gekühlt und wenn ich mich recht erinnere war auch im Zimmer keine Kühlmöglichkeit vorhanden. Na Mahlzeit.
Ich packe trotzdem meine „Beute“ in den Rucksack und ziehe von dannen.
Auf dem Weg zurück sehe ich dann, dass anscheinend gerade eine Sportveranstaltung am Beginnen ist, natürlich dachte ich sofort an Cricket, aber wie sich herausstellt war es ein Fußball Match. Angeblich zwei gute Mannschaften, es wird mir nahegelegt, ich solle mir doch ein Ticket kaufen. Naja, warum nicht, ist ja vielleicht eine schöne Abwechslung. Statt des normalen Eintrittspreises von 40 Rupees investiere ich 60 Rupees für eine VIP-Karte. Der Ehrenplatz stellt sich dann als Plastikstuhl am Spielfeldrand raus, allerdings hatte ich noch nie so eine gute Aussicht auf ein Spiel...(wenn nicht gerade der Linienrichter vor mir Position bezogen hat)...:-)
Kurz nach Anpfiff kommt einer und stellt sich unverhohlen vor mich hin und fotografiert mich von allen Seiten. Noch bevor ich nachfragen kann erklärt er mir, er sei Journalist und würde über das Spiel in der hiesigen Zeitung berichten und wenn man schon mal einen Zuschauer aus „Dschärmany“ hat, dann ist das natürlich was Besonderes.
In der Pause wurde ich dann aufgefordert Glücksfee zu spielen und eine Eintrittskartennummer zu ziehen und anschließend durfte ich dann auch noch den Preis an den glücklichen Gewinner, einem ca. 10 Jahre alten Jungen überreichen, begleitet natürlich von Blitzlichtgewitter...
Ich habe dem Reporter dann eine meiner Visitenkarten dagelassen mit der Bitte mir doch den Link zum Artikel zu schicken, trotz Zusicherung ist allerdings bis heute nix gekommen...
Angekommen im Hotel fange ich dann auch sofort an mir das Zimmer mit warmen Bier „schönzusaufen“ und irgendwann hatte der Schlaf dann auch ein Einsehen mit mir...
Am nächsten Tag geht es dann auch wieder ziemlich früh los, was sich auch als notwendig rausstellt hat, weil sich der Weg bis nach Mangalore doch noch ziemlich zieht und teilweise schreckliche Straßenstücke drin sind, allerdings im Wechsel mit andererseits wieder sehr schönen.
Irgendwann komme ich dann doch tatsächlich in eine Polizeikontrolle und werde natürlich auch prompt rausgewunken...Fahren ohne Helm...
Von Shekar wusste ich ja, dass die darauf verhängte Strafe in Karnataka 100 Rupees beträgt, schaun mer mal was man in Kerala so verlangt. Erst muss ich mich allerdings gedulden, ich bin schließlich nicht der einzige, der erwischt worden ist. Als ich endlich an der Reihe bin, habe ich bereits meinen indischen Führerschein und meine indischen Zulassungspapiere gezückt, der Oberpolizist schaut mich aber nur streng an und sagt nur ein Wort: „Country?“ „Germany“...daraufhin schaut er mich noch strenger an und sagt „Put your Helmet on and go!“ Na gut, dieser Aufforderung folge ich natürlich gerne und weiter geht’s, mit Helm...ist ja auch sicherer...:-)
Von Mangalore selber kriege ich nicht sehr viel mit, außer der sehr schönen Dachterrasse des Hotels mit Restaurant mit leckerem Essen, allerdings muss man dazu schnulzige Livemusik ertragen...
Am nächsten Morgen stehe ich dann auch mit der Sonne auf, der Weg nach Bangalore beträgt noch ca. 350 km und führt über die Western Ghats.
Allerdings stellt sich heraus, dass die Straßen erst in einem verhältnismäßig gutem Zustand sind, ab Hassan sogar hervorragend, dort beginnt dann nämlich eine zweispurige Autobahn ohne Schlaglöcher !!!
Jetzt ist es ja wohl mal an der Zeit meine fast zwanzig Pferde ungezügelt loszulassen...die Tachonadel übersteigt die 110 km/h Marke...ich mache mich noch etwas windschnittiger...120...128...dann steht eine Kuh mitten auf der Autobahn...
Macht nix, schneller wäre es vermutlich eh nicht mehr gegangen. Den Preis den ich dafür bezahlen muss ist allerdings, dass seither die Tachonadel total spinnt und vollkommen verrückt anzeigt..diese Wahnsinnsgeschwindigkeit war wohl zuviel für sie...aber der nächste Kundendienst ist ja eh fällig...
So erreiche ich am späten Sonntag Nachmittag wieder die Heimat in Palm Meadows, was mir genügend Zeit lässt mich wieder ordentlich zu sortieren und mich mental auf den kommenden Bürotag einzustellen...
Schön war's...
Noch ein Wort an die „Sich-Sorgen-Macher“: Bei meinen Geschwindigkeitsrekorden hatte ich selbstverständlich nicht nur meinen Helm da wo er hingehört, sondern auch noch die Lederjacke und vernünftige Schuhe an...
Mo
24
Feb
2014
Gym
Ich komme gerade aus dem Fitnesscenter. Eigentlich ja nichts Ungewöhnliches, naja, schöner wäre es natürlich, wenn ich es noch etwas regelmäßiger nutzen würde, aber das besondere daran und warum es einen Blog Artikel wert ist, ist die Tatsache, dass es vollkommen neu ist.
Also, eigentlich komplett renoviert. Es wurde Mitte August vergangenen Jahres geschlossen, angeblich für zwei Monate. In der Zwischenzeit hat man einige Geräte in dem Bereich aufgebaut, in dem normalerweise die Tischtennisplatte steht. Aus den zwei Monaten sind dann schließlich fast sechs geworden und letztens wurde es feierlich wiedereröffnet. Das typisch indische daran: Natürlich gab es eine Puja zur Wiedereröffnung, sprich ein Brahmane war anwesend, er hat alle Geräte gesegnet, es wurde ein kleiner Opferaltar aufgebaut und als Opfergaben gab es wie immer frische Früchte.
Nicht nur im Studio selbst, sondern auch auf dem Weg dahin wurden Früchte aufgeschlagen und verteilt. Da es sich dabei hauptsächlich um Granatäpfel handelte, war der Weg fast schon ähnlich einer Blutspur...fast schon makaber...
Aber jetzt hat man den Vorteil, dass man am Crosstrainer oder auf dem Laufband einen direkten Blick hinunter zum Pool hat. Da fällt das Schwitzen doch gleich leichter...:-)