KardungLa und Epilog
22./23.8.
Der KardungLa Pass führt von Leh aus ins Nubra Valley.
Bis man die Passhöhe erreicht, muss man von Leh kommend knapp 40 Kilometer zurücklegen und einen Höhenunterschied von... tja und jetzt streiten sich die Geister.
Leh liegt auf circa 3500 Meter, soviel ist sicher. Die Passhöhe wird mit 5602 Metern angegeben und damit ist der KardungLa der höchste befahrbare Pass der Welt.
Allerdings mehren sich anscheinend die Stimmen, die behaupten das wäre ja alles gelogen und mit GPS misst man eine viel geringere Höhe und auch die Vermessungsdaten aus dem Space Shuttle würden eine andere Höhe aufweisen, nämlich nur knapp 5350 Meter.
In der Tat ist die Angabe in der Wanderkarte die ich gekauft habe: KardungLa: 5602m/5349m...sie legen sich also nicht so genau fest.
Das Problem dabei ist natürlich, dass es zwischen 5349 und 5602 Metern noch einige andere Pässe gibt, hauptsächlich in Tibet und damit verlöre halt der KardungLa den Status des höchsten...
Dabei ist die Lösung doch wiedermal so einfach: Es ist doch wurscht !!!
Ich war jetzt auf dem KardungLa und damit auf dem höchsten Pass der Welt. Sollte jemand auf dem 5500 Meter Pass in Tibet stehen, dann ist er auch auf dem höchsten Pass der Welt, warum muss denn alles auf die messbare Spitze getrieben werden.
Die Welt wird sich nicht großartig ändern, wenn man die Ladakhis zwingen würde das Schild "Highest Motorable Road in the World" abzunehmen (außerdem ist darauf die Höhe eh in Fuß angegeben...)
Der Wochenprogrammpunkt für Freitag gemäß des Reisebüros ist also eine Fahrt mit dem Jeep auf den KardungLa.
Aber...wenn ich schon mal hier bin, dann möchte ich auch selber da rauf fahren, vor allem nachdem ich gesehen habe, dass es in Leh jede Menge Shops gibt die Royal Enfields verleihen. Kein Problem, das Reisebüro organisiert und Kathrin schließt sich mit an und will auch selber hochfahren. Neuer Plan also, die Jungs fahren zusammen mit dem Guide im Jeep und wir reiten auf unseren zwei Enfields hoch.
Übernehmen können wir sie allerdings erst am Freitag früh. Bis dahin ist auch nicht klar welche Modelle wir bekommen werden. Es stellt sich raus, dass es zwei 500cc Desert Storms sind, absolut zu meiner Zufriedenheit und bestimmt auch tauglich.
Aufgestiegen also, der nächste Weg führt zur Tankstelle und dann nichts wie hoch auf den Pass.
Ungefähr 15 km vor der Passhöhe kommt man mal wieder zu einem Checkpoint an dem man sich anmelden muss und einen Permit erstehen, allerdings wurde das alles schon vorher vom Reisebüro organisiert.
Nach dem Kontrollpunkt ändert sich allerdings die Qualität der Straße schlagartig, aber es erwartet ja auch niemand eine gute Teerstraße bis nach oben hin.
Allerdings komme ich nicht weiter als noch ein paar hundert Meter als plötzlich mein Hinterrad blockiert. Die Trommelbremse hat sich sozusagen in Luft aufgelöst, die Bremsbacken liegen auf der Straße.
Der Guide ruft die Vermietung an und die versprechen auch sofort jemanden vorbeizuschicken, aber wir entscheiden uns nicht zu warten und den Weg auf einem Bike fortzusetzen.
Netterweise lässt Kathrin mich fahren, wahrscheinlich weiß sie, dass ich kein guter Beifahrer bin...:-)
Oben angekommen wimmelt es von Bikern, motorisiert und teilweise auch unmotorisiert und alle wollen ein Foto vor dem Schild auf der Passhöhe machen.
Jede Tätigkeit (Motorrad zur Parkposition schieben, Schuhe ausziehen und Füße für ein "Footie" auf den Lenker legen usw.) ist anstrengend. Nicht in Bezug auf Kraft, die Muskeln funktionieren nachwievor ganz normal, es ist eher ein Gefühl wie man es manchmal hat wenn man so ein bisschen kränkelt... ein Schild warnt auch davor zu lange zu bleiben, aber es gibt ein kleines "Lokal" in dem wir Tee trinken und Nudelsuppe essen und bis alle Fotos im Kasten sind dauert es halt doch gut zwei Stunden anstatt der empfohlenen knappen halben Stunde Maximalaufenthalt.
Am nächsten Morgen entdecke ich auch, dass ein klein wenig verkrustetes Blut aus der Nase kommt, die anderen berichten ähnliches, so ganz ohne scheint also der Effekt auf den Körper wirklich nicht zu sein...
Als wir wieder runter fahren und an der abgestellten Enfield vorbeikommen, sehen wir, dass immer noch kein Mechaniker eingetroffen ist, aber ehrlich gesagt wundert mich das nicht großartig.
Benedict und ich nutzen den späten Nachmittag dann noch um eine kleine Tour zu machen und nochmal zum "Magnetic Hill" zu fahren.
Die Story dazu ist, dass an dem Punkt angeblich der Magnetismus so stark ist, dass, wenn man sein Fahrzeug an einer bestimmten Stelle abstellt, Motor aus und Leergang rein, es anfängt sich von selbst zu bewegen, angezogen eben von dem Magnetfeld.
Genauso machen wir es mit der Enfield und sie fängt tatsächlich an zu rollen. Allerdings ist nicht so ganz klar, ob es nicht doch die schiefe Ebene ist, die ihre Kräfte da entfaltet und selbst Benedict und ich sind uns nicht einig, ob die Straße eben ist oder geneigt und wenn ja, in welche Richtung.
Im Internet kann man aber nachlesen, dass die ganze Magnetgeschichte Fake ist und dass angeblich die umgebenden Berge eine optische Täuschung verursachen, so dass man glaubt, das Fahrzeug würde bergauf rollen.
Aber, wie gesagt, ich finde noch nicht mal die optische Täuschung sehr überzeugend.
Der letzte Abend ist dann grad richtig zum Mitbringsel einkaufen und am Samstag geht es ja dann schon wieder zurück nach Bangalore und für alle ausser mir gleich weiter nach Deutschland...
Ich möchte trotzdem noch ein paar zusammenfassende Worte über Ladakh schreiben:
Wenn man ein Faible für die Berge hat, ist Ladakh trotz der Kargheit der Vegetation wahrscheinlich eine der schönsten Gegenden auf unserem Planeten.
Es gibt doch diesen Spruch, dass sich der Mensch angeblich an drei Dingen nicht sattsehen kann, an der Unendlichkeit des Meeres, an den züngelnden Flammen des Feuers und am Unglück der Nachbarn.
Ich für meine Begriffe freue mich wenn es meinen Nachbarn gut geht und würde das gerne eintauschen gegen den Anblick der Berge.
Trotz aller religiösen Verwirrungen fühle ich mich "Gott" in den Bergen halt dann doch am nächsten (ist ja auch am weitesten oben ;-)
Auch verstehe ich jetzt besser warum die Buddhisten, Hindus, Jains den Ausbruch aus dem Zyklus der ewigen Wiedergeburt als Ziel haben.
Speziell die Buddhisten setzen ja in einer ihrer Weisheiten oder Wahrheiten voraus, dass das Leben von Geburt bis Tod eigentlich Leiden bedeutet.
Zur Zeit Siddhartas war das auch sicher so und wenn man erlebt wie die Bergvölker im Himalaya leben hat sich da auch nicht viel geändert.
Wenn man mit einem kühlen Bier und einer Tüte Chips vor dem Fernseher sitzt und sich einen Krimi oder ein Fußballspiel anschaut, versteht man nicht unbedingt warum das Leben Leiden sein soll (vorausgesetzt das Spiel ist nicht zu schlecht).
Wenn man sein Leben aber auf 3500 Höhenmetern fristet und mit dem auskommen muss was so spärlich im Garten wächst ist man vielleicht nicht so erpicht darauf eine zweite, dritte und weitere Runden zu drehen...
Wenn man, so wie wir, das Glück hat das Ganze als Touristen zu erleben und jederzeit die Möglichkeit hat wieder in ein zivilisierteres Leben zurückzukehren ist es schlichtweg ein Traum.
In diesem Sinne: "Julay Ladakh" (Julay ist der hiesige Gruß und bedeutet sowas wie "Servus", aber auch Danke) und hoffentlich auf ein Wiedersehen, das nächste Mal aber bestimmt mit mehr "Enfield-Tagen"...
Nachtrag: Ich war dann am Sonntag Abend gleich noch im Palm Meadows Gym und der Effekt dieser Woche ¨Höhencamps¨ ist schon erstaunlich.
Man fühlt sich auf dem Laufband als wäre man fit für den nächsten Marathon. Leider hält der Effekt nicht lange an und schon wenige Tage später ist der morgendliche Gang vom Bett zur Kaffeemaschine wieder anstrengend...
Kommentar schreiben