Nun hat sie also endlich angefangen, die Fußball-WM.
Die entsprechenden Berichterstattungsseiten in der Times of India werden täglich, wohl ob der Austragungsstätte, mit CarniBall betitelt.
Es ist eh erstaunlich, dass hier im Cricket Land Indien der Fußball World-Cup so große Aufmerksamkeit findet, tut er aber...anscheinend ist das ein globales Phänomen.
Jedenfalls ist das eine Gelegenheit die Internationalität, die mich hier überall umgibt sehr zu genießen.
Los ging's am Freitag früh als Eric und ich natürlich gleich mal den Weg zu Wessler gesucht haben, ein Morgenspaziergang über das Firmengelände. Wir haben ihn dann auch mit etwas rotgeränderten Augen in seinem Büro vorgefunden. Wessler ist der ständige Vertreter des brasilianischen Flugzeugbauers Embraer hier vor Ort.
Bedingt durch die etwas ungünstige Zeitverschiebung zwischen Brasilien und Indien (8,5 Stunden) ist das Eröffnungsspiel gegen Kroatien erst nach Mitternacht angepfiffen worden. Wessler hat es sich natürlich trotzdem angeschaut und sich am Morgen unsere Kritik an dem sehr pro-brasilianisch pfeiffenden japanischem Schiedsrichter anhören müssen, aber er hatte, ob des brasilianischem Erfolgs, noch genügend Endorphine im Blut, dass ihm das nichts ausgemacht hat.
Und woran erkennt man momentan die zahlreichen Holländer im Compound? Seit dem 5:1 gegen Spanien scheinen alle auf einer unsichtbaren Gouda-Wolke zu schweben.
Italiener habe ich heute noch keinen getroffen, ich werde aber später noch in den Club gehen, mal schauen ob sie den 2:1 Erfolg gegen England feiern...
Und heute (Sonntag) morgen kurz nach halb acht hat mich Eric schon angetextet.
Eric hat einige Jahre an der Elfenbeinküste gelebt und gearbeitet und seither sehr gute Kontakte dahin...
Es läuft gerade das Spiel Elfenbeinküste gegen Japan, Halbzeitstand 1:0 für Japan:
07:46: „If the score stay like that my friends over there launch the operation 'boycott sushi'“
07:56: „Ivory coast just score 2 goals in 2 minutes. Sushi is authorized again.“
Das Spiel ist zu Ende, 2:1 für die Elfenbeinküste
08:23: „Operation 'boycott sushi' is cancelled“
Herrlich, ich liebe Eric's SMS. Auf meine Nachfrage, was denn boykottiert wird, wenn heute Nacht Frankreich gegen Honduras verliert, meinte er nur:
„Do you want to stop to import beautiful women?“...:-)
Morgen greift ja dann Deutschland gegen Portugal ins Geschehen ein. Die deutsche Botschaft hat alle deutschen Expatriats zur Übertragung des Spiels ins Taj Vivanta Hotel eingeladen, ausgestattet mit 2 Großleinwänden und Freibier... na dann werde ich meinen patriotischen Pflichten wohl oder übel nachkommen müssen. Dadurch, dass es das erste Spiel des Tages ist, ist der Anpfiff auch schon ganz erträglich um halb zehn...
Tja, und was ist sonst so los gewesen die letzten Wochen? Ich habe ja trotz guter Vorsätze mal wieder nicht durch Blog-Einträge geglänzt...
Also, zum Einen ist ja die Feiertagsdichte momentan in Deutschland sehr viel größer als hier in Indien und ich hab halt gerade keinen Urlaub und muss nun mal von Montag bis Freitag arbeiten und zum Anderen bin ich halt immer noch mit meinen Projekt „Midlife Upgrade des gesamten Beiss- Apparates“ beschäftigt und verbringe fast jedes Wochenende an ein oder zwei Tagen ein paar Stunden in der Zahnklinik... aber langsam nähert sich das Ende, der Backenzahnbereich ist komplett fertig und ich bin sehr zufrieden, jetzt wird vorne noch eine (unfallbedingte) Krone erneuert und noch ein bisschen aufpoliert und schon ist mein Lächeln (H-) (B-) ollywood reif...
Letzte Woche hatten wir ein paar Tage Besuch von Kathrins Cousin Tilmann mit Familie, die verbringen die Pfingstferien in Indien und sind jetzt in Karnataka unterwegs, bevor sie nächste Woche nochmal kurz vorbeischauen und dann wieder Richtung Deutschland aufbrechen.
Außerdem waren wir zweimal zu einer Hochzeit eingeladen, einmal von Verwandtschaft von Swapna, der Köchin, und einmal von Verwandten von Shekar, dem Fahrer. Also, eigentlich sogar öfter und Kathrin ist da auch immer gerne dabei, bei mir hält sich der Enthusiasmus da mehr in Grenzen.
Ich war also nur zweimal, und jeweils auch nur an einem Tag.
Genau habe ich den Ablauf einer typischen indischen Hochzeit eh noch nicht rausgefunden, aber es hängt wohl davon ab, in welchem Bundesland man sich befindet und evtl. auch welcher Religion das Brautpaar angehört.
Insgesamt dauert es aber wohl immer mehrere Tage und es gibt hier auch jede Menge Hallen, die speziell für Hochzeiten angemietet werden.
Im ersten Fall waren wir in so einer Halle, im Erdgeschoß befindet sich der eigentliche Festsaal in dem das Brautpaar seine Aufwartung hält und die Leute sich in einer Schlange anstellen um ihr Geschenk zu überreichen und sich mit dem Brautpaar fotografieren lassen (für's Hochzeitsalbum).
Wir als ViPs durften allerdings die Schlange mal wieder by-passen.
Im Keller wird Essen gereicht und im ersten Stock befinden sich Schlafsäle für die weitangereiste Verwandtschaft.
Im zweiten Fall gab es an dem Tag an dem wir dort waren keinen Empfang, sondern „nur“ Essen, aber Shekar wollte unbedingt mal mit der Familie seines „Sirs“ und seiner „Madame“ glänzen und so sind wir auch alle hingefahren...und da Tilmann, Gudula, Thorben und Malte auch gerade angekommen sind, haben wir die auch gleich mitgenommen...:-)
Dann gab es Anfang Juni noch eine nette Abendveranstaltung in der Alliance Francaise, „Romantic Love in Music and Letters“, da wurden ins englische übertragende Briefe zwischen Robert und Clara Schumann vorgelesen und dazwischen Klavierstücke der Schumanns gespielt. Sehr nett gemacht, der Part des Robert Schumann wurde vom deutschen Vize-Konsul gelesen...
Nach der Veranstaltung, ich war alleine dort, bzw. habe mich dort mit Sylvie getroffen um gemeinsam zurückzufahren, kam eine Dame auf mich zu:
„Are you Michael?“
„Äh, yes, do we know each other?“
Sie schwenkt auf Deutsch um
„Ich habe Sie für heute Abend eingeladen, schön dass wir uns persönlich kennenlernen...“
„???“
„Sind Sie nicht Michael?“ „Doch...“
„Von Airbus...? „Ja, schon...“
„Aus Whitefield...?“ „Ja, grob...“
„Mit der indischen Freundin....?“ „Stopp...davon müsste ich wissen...“
Es hat sich also rausgestellt, dass die Dame, Direktorin der Deutschen Kinderhilfe hier in Bangalore, sich mit einem Menschen verabredet hat, den sie vorher noch nie gesehen hat und sie hat halt alle, die vom Aussehen her in Frage kommen angesprochen...und bei mir gab es dann auch noch mehr Übereinstimmungen...
Es war sehr lustig, nachdem sich das Missverständnis aufgeklärt hat, haben wir auch gleich Visitenkarten ausgetauscht...
Es geht ja hier gerade die Mango-Season zu Ende, die letzten Wochen gab es also an allen Ecken und Enden der Stadt Mangos an Straßenständen zu kaufen.
Im LalBagh-Garten hat die Mango-Fair stattgefunden, die wir natürlich auch mal besucht haben, allerdings mit dem Motorrad, d.h. die Einkaufskapazität war natürlich begrenzt...
Aber ich habe von der Veranstaltung aus der Zeitung erfahren und in dem Artikel war unter anderem gestanden, dass es insgesamt 52 !!! Mango Sorten gibt... wer hätte das gedacht.
So, und noch ein Zufall, während ich hier auf dem Balkon sitze und die paar Zeilen schreibe läuft nebenbei Bayern 3 über das Internet und gerade kam ein Bericht, dass Herr Rosenmüller jetzt anscheinend endlich den dritten Teil seiner „Beste-“ Trilogie fertiggedreht hat. Ich bin ja ein absoluter Fan dieses bayrischen Kinos und habe schon befürchtet, dass es nach „Beste Zeit“ und „Beste Gegend“ nie den dritten Teil geben wird...und jetzt ist er anscheinend fertig...“Beste Chance“... und wohin verschlägt es die Protagonisten in diesem Teil...nach INDIEN !!! :-)
Nur wird der Film leider wohl nie den Weg in ein indisches Kino schaffen...ich muss mich also wohl noch gedulden, aber irgendwann in nicht allzuferner Zukunft werde ich ja ein paar Tage Heimaturlaub machen...
Kathrin und die Jungs fliegen in einer Woche nach Hause und werden wohl im August nochmal kommen... für mich bricht dann wieder einsames Eremitendasein an...;-)
Momentan ist Kathrin noch ein paar Tage mit Sylvie unterwegs und die Jungs geniessen noch ein paar Tage ohne Schule und damit ohne schlechtes Gewissen, wenn man mal die ganze Nacht mit Fußballschauen verbracht hat.
Sie hatten ja am vergangenen Donnerstag ihren letzten Schultag mit Übergabe der Zeugnisse, wobei die Zeugnisse hier nicht mit denen in Deutschland vergleichbar sind.
Es sind hier echte Reports, die außer den Noten noch sehr viel persönliche Kommentare der Lehrer enthalten.
Jedenfalls als kurze Zusammenfassung, bzw. Resümee: Ich bin mal wieder verdammt stolz auf die Beiden...:-)
Kommentar schreiben