Vierter Teil:
Die Küste entlang nach Norden bis Mangalore und zurück nach Bangalore
Von Varkala Beach aus in Richtung Norden führt ein National Highway, der aber ziemlich überfüllt ist. Wo immer es geht weiche ich auf die Küstenstraße aus und fahre über teilweise wunderschöne Straßen durch kleine Ortschaften, immer mal wieder den Blick auf's Meer, wobei man sich das nicht wie z.B. am Mittelmeer vorstellen kann, sondern hier ist meistens noch mindestens eine Häuserreihe zwischen Straße und Meer.
Irgendwie falle ich aber überall auf wie ein Alien. Die Schulkinder winken mir aus den Bussen zu, auf der Straße sehe ich immer wieder, wie sich Leute anstupsen und auf mich deuten...meistens dann freundlich winken, oder zumindest lächeln...
Mein Ziel für heute ist eigentlich Fort Kochi, aber als ich da ankomme ist es erst kurz nach Mittag, also beschließe ich nach einer ausgiebigen Fisch-Lunch Pause im Bob Marley Cafe noch weiter zu fahren.
Ich nehme mir vor ab 5 Uhr aktiv auf Hotelsuche zu gehen, außerhalb von Städten, bzw. touristischen Gebieten ist es nämlich gar nicht so einfach etwas zu finden.
Außerdem bezeichnet in Indien das Wort Hotel meistens ein Esslokal. Wenn man also irgendwo auf der Straße nach einem Hotel fragt, wird normalerweise als erstes die Frage gestellt: „Veg or Non-Veg?“
Kurz nach 5 sehe ich aber ein Hinweis-Schild in Richtung Strand zu einem Ayurveda Resort...naja, warum nicht, ich biege also ab, aber leider ist schon alles belegt. Der Tipp: Es gibt noch ein Nachbar-Resort...allerdings mit dem gleichen Ergebnis, alles voll...
Notgedrungen geht es also wieder auf den National Highway, dort erscheint mir die Chance doch etwas größer zu sein und schließlich will ich ja wenn möglich vor Einbruch der Dunkelheit ein Bett gefunden haben.
In einem kleineren Ort sehe ich dann auch ein Gebäude mit der Aufschrift „Tourist Home“...scheint einen Versuch wert zu sein...
Ja, Zimmer vorhanden und auch frei, allerdings macht mich der Preis etwas stutzig, 300 Rupees, 3,60 Euro...nutzt ja nix, ich kann ja nicht auf der Straße schlafen.
Das Zimmer ist allerdings dann auch keinen Cent mehr wert, du meine Güte, keine Dusche, die Toilette ziemlich versifft, das Bett knüppelhart, von Aircondition gar nicht zu reden, wenigstens gibt es einen verrosteten Ventilator unter der Decke...
Gepäck abladen und nichts wie raus hier, irgendwo wird sich ja hoffentlich eine Ladung Bier auftreiben lassen, sonst überstehe ich die Nacht hier nicht.
Ich frage an der Rezeption und die Auskunft lautet, etwa 2 km weiter gebe es einen Shop, der Alkohol verkaufen würde. Rauf auf's Bike und nix wie hin. Allerdings muss ich noch dreimal fragen, bis ich schließlich das „Geschäft“ gefunden habe...in einem Hinterhof gibt es eine Ausgabe, mit zwei Schaltern, beide hinter Gittern. Am ersten Schalter muss man bestellen und bezahlen, und am zweiten Schalter kriegt man dann die Ware...McDrive für Alkoholika...;-)
Allerdings muss ich mich in eine Schlange von ca. 100 Leuten einreihen. Nach wenigen Minuten beschließe ich aufzugeben und erstmal etwas zu essen, vielleicht ist nachher der Ansturm ja geringer.
Ca. eine Stunde später der zweite Versuch und tatsächlich ist die Lage erheblich besser geworden...relativ gesehen...die Wartezeit beträgt immer noch ungefähr eine halbe Stunde.
Vorsichtshalber nehme ich mal ein Bier mehr mit, wer weiß wielange es dauert, bis ich heute Schlaf finden kann.
Nächste Enttäuschung, das Bier ist natürlich nicht gekühlt und wenn ich mich recht erinnere war auch im Zimmer keine Kühlmöglichkeit vorhanden. Na Mahlzeit.
Ich packe trotzdem meine „Beute“ in den Rucksack und ziehe von dannen.
Auf dem Weg zurück sehe ich dann, dass anscheinend gerade eine Sportveranstaltung am Beginnen ist, natürlich dachte ich sofort an Cricket, aber wie sich herausstellt war es ein Fußball Match. Angeblich zwei gute Mannschaften, es wird mir nahegelegt, ich solle mir doch ein Ticket kaufen. Naja, warum nicht, ist ja vielleicht eine schöne Abwechslung. Statt des normalen Eintrittspreises von 40 Rupees investiere ich 60 Rupees für eine VIP-Karte. Der Ehrenplatz stellt sich dann als Plastikstuhl am Spielfeldrand raus, allerdings hatte ich noch nie so eine gute Aussicht auf ein Spiel...(wenn nicht gerade der Linienrichter vor mir Position bezogen hat)...:-)
Kurz nach Anpfiff kommt einer und stellt sich unverhohlen vor mich hin und fotografiert mich von allen Seiten. Noch bevor ich nachfragen kann erklärt er mir, er sei Journalist und würde über das Spiel in der hiesigen Zeitung berichten und wenn man schon mal einen Zuschauer aus „Dschärmany“ hat, dann ist das natürlich was Besonderes.
In der Pause wurde ich dann aufgefordert Glücksfee zu spielen und eine Eintrittskartennummer zu ziehen und anschließend durfte ich dann auch noch den Preis an den glücklichen Gewinner, einem ca. 10 Jahre alten Jungen überreichen, begleitet natürlich von Blitzlichtgewitter...
Ich habe dem Reporter dann eine meiner Visitenkarten dagelassen mit der Bitte mir doch den Link zum Artikel zu schicken, trotz Zusicherung ist allerdings bis heute nix gekommen...
Angekommen im Hotel fange ich dann auch sofort an mir das Zimmer mit warmen Bier „schönzusaufen“ und irgendwann hatte der Schlaf dann auch ein Einsehen mit mir...
Am nächsten Tag geht es dann auch wieder ziemlich früh los, was sich auch als notwendig rausstellt hat, weil sich der Weg bis nach Mangalore doch noch ziemlich zieht und teilweise schreckliche Straßenstücke drin sind, allerdings im Wechsel mit andererseits wieder sehr schönen.
Irgendwann komme ich dann doch tatsächlich in eine Polizeikontrolle und werde natürlich auch prompt rausgewunken...Fahren ohne Helm...
Von Shekar wusste ich ja, dass die darauf verhängte Strafe in Karnataka 100 Rupees beträgt, schaun mer mal was man in Kerala so verlangt. Erst muss ich mich allerdings gedulden, ich bin schließlich nicht der einzige, der erwischt worden ist. Als ich endlich an der Reihe bin, habe ich bereits meinen indischen Führerschein und meine indischen Zulassungspapiere gezückt, der Oberpolizist schaut mich aber nur streng an und sagt nur ein Wort: „Country?“ „Germany“...daraufhin schaut er mich noch strenger an und sagt „Put your Helmet on and go!“ Na gut, dieser Aufforderung folge ich natürlich gerne und weiter geht’s, mit Helm...ist ja auch sicherer...:-)
Von Mangalore selber kriege ich nicht sehr viel mit, außer der sehr schönen Dachterrasse des Hotels mit Restaurant mit leckerem Essen, allerdings muss man dazu schnulzige Livemusik ertragen...
Am nächsten Morgen stehe ich dann auch mit der Sonne auf, der Weg nach Bangalore beträgt noch ca. 350 km und führt über die Western Ghats.
Allerdings stellt sich heraus, dass die Straßen erst in einem verhältnismäßig gutem Zustand sind, ab Hassan sogar hervorragend, dort beginnt dann nämlich eine zweispurige Autobahn ohne Schlaglöcher !!!
Jetzt ist es ja wohl mal an der Zeit meine fast zwanzig Pferde ungezügelt loszulassen...die Tachonadel übersteigt die 110 km/h Marke...ich mache mich noch etwas windschnittiger...120...128...dann steht eine Kuh mitten auf der Autobahn...
Macht nix, schneller wäre es vermutlich eh nicht mehr gegangen. Den Preis den ich dafür bezahlen muss ist allerdings, dass seither die Tachonadel total spinnt und vollkommen verrückt anzeigt..diese Wahnsinnsgeschwindigkeit war wohl zuviel für sie...aber der nächste Kundendienst ist ja eh fällig...
So erreiche ich am späten Sonntag Nachmittag wieder die Heimat in Palm Meadows, was mir genügend Zeit lässt mich wieder ordentlich zu sortieren und mich mental auf den kommenden Bürotag einzustellen...
Schön war's...
Noch ein Wort an die „Sich-Sorgen-Macher“: Bei meinen Geschwindigkeitsrekorden hatte ich selbstverständlich nicht nur meinen Helm da wo er hingehört, sondern auch noch die Lederjacke und vernünftige Schuhe an...
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Patrick (Montag, 24 Februar 2014 21:36)
Dein Trip mach mich einfach nur neidisch und erinnern mich an die tollen Ausflüge in Indien. Pondycherry wie erwähnt gemeinsam, in Kanyakumari waren wir auch, Varkala ist einfach grandios und das Essen in Fort Kochi ist super :-)
Weiterhin viel Spass und schreib fleissig weiter. Der Blog ist einfach Spitze und wenn man Indien ein bisschen kennt gleich nochmal viel besser.
Gruß vom Studenten aus Regensburg an dich und deine ganze Familie.
Jürgen (Dienstag, 25 Februar 2014 20:49)
Hi Michi,
Du kommst ja gut rum. Richtig so.
Viele Grüße,
Jürgen