Kerala3: Backwater

17.10. - 20.10.

Heute verlassen wir die Western Ghats und machen uns auf den Weg nach Alleppey. Dort wartet dann hoffentlich ein Hausboot auf uns mit dem wir durch die Backwater cruisen können und das uns auch als Schlafmöglichkeit für die kommende Nacht dient.

Leider sind wir halt doch nicht rechtzeitig genug vom Hotel los gekommen, wobei das diesmal gar nicht unsere Schuld war, das Frühstück war noch nicht fertig und der ganze Auscheck-Prozess könnte auch mal verbessert werden.

Jedenfalls wollten wir eigentlich in der Gegend um Thekkady noch einen der vielen Spice-Gaerten besuchen um mal zu sehen was hier wirklich alles so wächst, bei den meisten Gewürzen kann ich mir ja schon gar nicht vorstellen wie die ausschauen, geschweige denn an welchen Pflanzen die hängen, aber das haben wir dann aus Zeitmangel gestrichen.

Mr. Unni hat gesagt, dass eigentlich um 12:00 Einchecken auf dem Hausboot ist, das schaffen wir eh nicht, aber wir sollten wenigstens nicht mit allzu viel Verspätung ankommen, weil wir ja schließlich noch ein bisschen rumschippern wollen und spätestens ab 6:00 abends wird nicht mehr gefahren, d.h. da muss man seinen Nachtanlegeplatz erreicht haben.

 

Bevor wir in Alleppey ankommen bestehe ich aber noch darauf einen Rock zu kaufen...für mich...:-), also eigentlich ein Tuch das man sich auf bestimmte Art und Weise um die Hüften schlingt, genannt Dhoti. Hier in Kerala tragen das ganz viele Männer und auf den Backwaters wollte ich das auch mal ausprobieren.

Kurz nach eins waren wir dann schließlich dort, Koffer an Bord und gleich darauf ging es dann auch schon los, wir vier und drei Mann Besatzung, die Aufgabenaufteilung war mir nicht ganz klar, einer war der Koch und die anderen zwei haben sich am Steuer abgelöst, aber irgendwie war ja mehr zu tun und die drei haben das alles vorbildlich erledigt, will heißen, sie waren nie aufdringlich, eigentlich auch nie zu sehen (außer dem Steuermann natürlich), aber irgendwie war doch immer alles zur rechten Zeit da. Plötzlich gab es Mittagessen, dann mal zwischendurch gebackene Bananen und noch bevor man sich darüber im klaren war, dass das seltsame Gefühl im Bauch gerade Kaffeedurscht ist, wurde auch schon Kaffee oder alternativ Tee gereicht.

 

Links und rechts zogen die palmenbewachsenen Ufer vorbei, Menschen, die sich im Wasser wuschen, Frauen, die die Wäsche ausschlugen, Kinder, die in Schuluniformen entlang des Wassers marschierten und natürlich jede Menge anderer Hausboote. Wer es hier nicht schafft die eigene Lebenstaktung nach unten zu fahren, hat irgendein Problem. Das letzte Mal dass ich eine ähnliche Tiefenentspannung empfunden habe war vermutlich, als ich im Bugkorb einer Segelyacht gesessen bin, und das habe ich seit Jahren nicht mehr gemacht.

 

Irgendwann haben wir einen Zwischenstopp gemacht um Fisch für das Abendessen zu kaufen. Wir, die Jungs und ich, Kathrin isst ja keinen Fisch, haben uns dann ganz fachmännisch und professionell für ¨das da¨ und ¨das da¨ entschieden. Angeblich haben wir dann Salmon und Lobster bekommen, aber irgendwie glaube ich das nicht, das war weder Lachs noch Hummer, eher ¨dem Lachs sein Bruder¨ (eine gewisse Ähnlichkeit hatte er ja schon) und Languste, aber vielleicht ist die Familie Salmon und die Familie Lobster ziemlich groß. Aber ist ja eh egal, Namen sind bekanntlich Schall und Rauch, wichtig ist was reinkommt in den Bauch...:-)

 

Wir haben wieder abgelegt und der Koch und der, der gerade nicht Steuermann war, haben sich sofort an die Zubereitung gemacht. Ich habe dann mal gefragt ob man denn eigentlich mal reinspringen könnte in die Backwaters und sofort wurde ein geeigneter Liegeplatz gesucht. Basti, Bene und ich sind dann auch direkt vom Boot ins Wasser gehüpft und ich weiß nicht was ich erwartet habe, aber wenn man trocken in ein Wasserbecken springt wird es doch immer irgendwie erstmal ein bisschen kalt am Anfang, oder? Nicht so hier, das Wasser war, wie man in Bayern sagt, bacherlwarm, wahrscheinlich so um die 30 Grad. Also Erfrischung geht anders.

 

Gegen halb sechs haben wir dann angelegt und so konnten wir vor dem Dunkel werden noch ein bisschen ins ¨Little Village¨ spazieren. Beim dortigem Hindutempel waren sie gerade dabei unzählige Lichter anzuzünden und wir wollten uns das gerne anschauen, aber das war das erste Mal, dass wir in einen Tempel nicht eingelassen wurden. Einige Tage später habe ich an einem anderem Hindutempel auch ein Schild gesehen auf dem stand: ¨Entry for Hindu Worshippers only¨... na gut, das muss man natürlich respektieren.

 

Zurück an Bord gab es dann auch bald Abendessen, nicht weil es eine bestimmte Uhrzeit war und das halt so ist bei der Hausboot-Tour, nein wir sind gefragt worden wann sie denn das Abendessen reichen sollen. Das mag sich nach einer Kleinigkeit anhören, aber genau an so Kleinigkeiten machen sich die Unterschiede zu Deutschland fest und das ist halt so oft so. Man fühlt sich wirklich als ¨König Kunde¨.

 

Wir hatten ja schon im Vorfeld den Tipp bekommen, dass wir ein Fläschchen Rotwein mit auf das Hausboot nehmen sollten, dem sind wir auch übereifrig gefolgt und haben dann am Abend noch zwei Flaschen nahezu vollständig vernichtet. Die Crew hat den ganzen Terrassenbereich des Boots mit einem Moskitonetz versehen, wobei ich das Gefühl hatte, das wäre gar nicht nötig gewesen. Komischerweise waren hier am Wasser viel weniger Blutsauger unterwegs als in den Regentagen in Bangalore.

 

Morgens wurden dann schon um 6:30 die Motoren wieder angelassen und wir haben die Rückfahrt angetreten. Leider war unser Pick up Service noch nicht da, Mr. Unni hat sich an diesem Tag zwangsfrei nehmen müssen, weil er bei der Polizei antreten musste um seine ¨Ich war nicht angegurtet¨ Strafe von 500 Rupees persönlich zu begleichen. Ich glaube ich habe ja schon mal erzählt, dass auf dem Motorrad nur der Fahrer einer Helmpflicht unterliegt (an die sich by the way viele auch nicht halten), die ein bis vier Mitfahrer brauchen keinen Helm tragen. Beim Auto ist es genauso, Gurtpflicht für den Fahrer, alle anderen können machen was sie wollen...

Jedenfalls steckte der Ersatzfahrer im Stau und wir mussten fast eine Stunde in der schwülen Hitze (um halb neun!!!) warten. Aber was soll´s, that´s life, wenn wir das gewusst hätten, dann hätten wir halt erst später abgelegt...

 

Wir sind dann an ein anderes Ende der Backwater gebracht worden ins Hotel Royal Riviera. Der Plan war ja eigentlich die letzten zwei Tage des Urlaubs noch einen auf geruhsam zu machen und Pool und Sonne zu genießen. Leider hat sich das Hotel als nicht soo dafür geeignet rausgestellt, weil es zwar einen Pool gab, aber keine Liegen und was schlimmer war, keine vernünftigen Schattenplätze. Für den Rest des Tages war es ok sich unter einem kleinen Sonnenschirm auf Plastikstühlen von Dan Brown´s Inferno fesseln zu lassen, aber am nächsten Tag wurde das dann doch zuviel...

 

Mr. Unni stand wieder zur Verfügung und so haben wir uns in die nächste Stadt zum Bummeln (soweit man im indischen Chaos dieses Wort überhaupt benutzen mag) bringen lassen.

Auf dem Weg dahin hat er uns aber noch zu einer Kirche gebracht, weil wir uns halt schon gerne mal Kirchen anschauen, bzw. ich Kirchen immer als besonderen Ort des Friedens empfinde, auch wenn ich mit meiner römisch-katholischen Religion ja inzwischen gar nix mehr anfangen kann. Eigentlich konnten wir uns dann sogar zwei Kirchen anschauen, weil die fast nebeneinander lagen, eine katholische und eine orthodoxe. Ich bin ehrlich gesagt nicht so sattelfest, was jetzt genau die Unterschiede zwischen den verschiedenen Ausprägungen der christlichen Kirchen sind (bei den Katholiken gibt es die Hölle, so gesehen habe ich eh die Arschkarte gezogen) und ehrlich gesagt ist mir das auch vollkommen wurscht. Diese ganzen institutionalisierten Einrichtungen des Glaubens sind mir zuwider. Ich möchte Orte haben an denen ich über Gott (oder Götter) und die Welt nachdenken kann, egal ob das eine Kirche ist, ein Tempel, eine Moschee, ein einsamer Strand oder ein Berggipfel. Und ich möchte mich unterhalten lassen von den Geschichten die sich die Religionen erzählen ohne sie ernst nehmen zu müssen.

Und vielleicht möchte oder muss ich mal die Sozialleistungen meiner Kirche in Anspruch nehmen, hauptsächlich vermutlich die immateriellen...

 

Jedenfalls hat mich diese syrisch orthodoxe Kirche sehr fasziniert. Sie stammt aus dem Jahr 1579 und was ich so toll fand ist, dass uns der Pfarrer (der uns eine persönliche Führung gab, aber das haben wir hier ja schon oft erlebt, auch in der anderen Kirche und auch in vielen Tempeln) erklärt und gezeigt hat, dass sich im Gebäude Symbole aus allen möglichen Religionen befinden. Dass die Kirchen hier in Indien viel bunter sind als in Europa und viel Hindu-Einfluss besteht ist offensichtlich, hier wurde der ganze Eingangsbereich einem Hindutempel nachempfunden, aber in diesem Fall hat er uns an der Fassade gezeigt wo der Islam abgebildet ist, welche Symbole aus dem Buddhismus kommen und dass selbst die Parsi sich in Form von bestimmten Engelssymbolen wiederfinden. Super, eine Kirche genau nach meinem Geschmack, all in one..;-) und als Zuckerl obendrauf hat sich in unserer Besuchszeit im Holzgebälk des Dachstuhls auch noch gerade ein wunderschöner Kingfisher niedergelassen und ausgeruht (Das Bier hat sich nach dem Vogel benannt, nicht umgekehrt...)

Übrigens sind außen an der Kirche Fernseher angebracht, damit die Leute, die keinen Platz mehr bekommen im Gottesdienst das Geschehen draußen verfolgen können. Zu jeder Messe kommen so zwischen 400 und 600 Leute. Irgendwas scheint hier anders zu laufen...

 

Der Rest der ¨Relaxtage¨ war relativ unspektakulär, am Abreisetag hat uns Mr. Unni nochmal (allerdings gegen Aufpreis) nach Fort Kochi gebracht damit wir den anfangs verpassten Dutch Palace und die Synagoge doch noch besichtigen konnten. War beides ok, vor allem im Dutch Palace sind einige schöne Wandgemälde mit Motiven aus dem Hinduismus zu sehen. Außerdem war der Eintritt mit 5 Rupees sowohl im Palace als auch in der Synagoge mehr als erträglich.

Mir war allerdings die gemütliche Tasse Tee auf dem Balkon eines Cafés mit Aussicht auf die Verkaufsgässchen lieber.

 

Der Rückflug war insofern nochmal erwähnenswert, weil Basti schon immer mal mit einem Propellerflugzeug fliegen wollte und JetKonnect, die Gesellschaft die wir für den Flug von Kochi nach Bangalore gebucht hatten bedient diese Strecke mit einer ATR 72. Also war ihm auch dieses Erlebnis vergönnt...:-)   

 

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