Delhi/Agra part 1: Neu Delhi

6.9.

Vor dem Reisebericht kommt allerdings noch eine ganz kurze Geschichtsstunde. Sorry, das muss sein, damit man den groben Überblick hat, was wir den eigentlich gesehen haben, wovon ich überhaupt schreibe und was auf den Fotos zu sehen ist... und letztendlich möchte man ja auch ein bisschen wissen was es mit dem Taj Mahal auf sich hat und die dazu passende hollywood-reife Liebesgeschichte, wie es dazu kam etc. (dazu aber erst später).

 

Also, die letzten knapp 1000 Jahre nordindischer Geschichte im Schnelldurchlauf, von mir interpretiert und wiedergegeben ohne jeglichen Anspruch auf Richtigkeit oder gar Vollständigkeit...einfach das, was ich glaube in den letzten Tagen verstanden zu haben.

 

Ich würde grob 4 Zeiträume unterscheiden, die Herrschaft der Sultane in Delhi ab 1206, sie wurde abgelöst von den Mogulen in 1526, die dann bis 1858 herrschten (das ist eigentlich die interessante Zeit), schließlich die Zeit der Briten 1858 bis 1947 und die Zeit danach...

 

Die Sultane waren islamischer Herkunft und haben Anfang des 13 Jahrhunderts die Macht in Delhi übernommen, das ist jetzt allerdings nur von Interesse, weil wir das Qutb Minar angeschaut haben, ein sehr imposanter Turm in einer verfallenen Moschee (der Quwwat-ul-Islam Moschee) und zu Recht Weltkulturerbe.

 

1526 eroberte Barbur, der aus dem wilden Usbekistan kam, Delhi und begründete das Mogulenreich. Sein Sohn und Nachfolger war Humayun, dessen Grabmal in Delhi steht (am gleichen Platz steht auch das ca. 20 Jahre ältere Grab von Isa Khan, einem Gegner der Mogulen). Humayun wiederum wurde beerbt von Akbar, der den Herrschersitz nach Agra verlagerte und das Fort in Agra baute. Im folgte der Sohn Jahangir auf den Thron, ein Förderer der Kunst, der allerdings auch gerne mal zu tief ins Weinglas schaute und auch dem Opium zugeneigt war. Die Regierungsgeschäfte überließ er zunehmend seiner Frau Nur Jahan.

Der nächste in der Reihe war dann schließlich Sha Jahan, in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, der Erbauer des Taj Mahals, seine Geschichte folgt, wie gesagt, an passender Stelle...

Die folgenden Großmogule, Sha Jahans Sohn Aurangzeb und Nachfahren leiteten dann allerdings eher den Verfall des Reiches ein, bis schließlich 1858 die Briten mit ihrer Ost-Indien Kompanie das Reich in die Kolonie Britisch-Indien überführte... das war´s dann mit den Mogulen...

Die Briten wurden ja dann, wie wir bereits wissen, 1947 rausgeworfen und seitdem versucht sich Indien ja selbst zu regieren...

 

In der Zeit der Sultane und Mogule ging es übrigens praktisch niemals friedlich zu beim Machtwechsel, und dass man mal seinen Bruder ermorden musste war eigentlich eher an der Tagesordnung...

Und dann sollte man noch wissen, dass es in der Gegend ja schon immer Moslems und Hindus gab, was eine besondere Herausforderung für die Herrscher darstellte, man wollte ja keinen vor den Kopf stoßen. Dieser Umstand wurde auch bei den Bauten berücksichtigt, so gab es z.B. eigentlich auch immer irgendwo in den Anlagen eine integrierte Moschee. Das und natürlich der Einfluss der persischen Baukunst macht diesen Baustil, vor allem aus der Mogulzeit so einmalig und, wie ich finde, attraktiv.

Soviel zum groben geschichtlichen Rahmen, jetzt aber zu unserem Ausflug...

 

Freitag früh um kurz nach drei klingelt der Wecker, Abfahrt Richtung Flughafen um vier, Shekar hat es vorgezogen draußen im Auto statt zuhause zu schlafen, damit er auch pünktlich zur Stelle ist.

Ankunft am Flughafen Delhi 9:30 nach drei Stunden Flug. Für 500 Rupees pro Person konnten wir unsere Sitzplätze insofern ¨upgraden¨, dass wir mit mehr Beinfreiheit am Notausgang saßen. Bei der Bestuhlung der Airline (Spicejet), die auf indische Standardgrösse ausgelegt ist, war das auch bitter nötig.

Am Flughafen hat uns dann auch schon unser Fahrer und angeblich Führer für die kommenden 4 Tage, Billu, erwartet. Er bekam allerdings ziemlich schnell wegen seines Aussehens und seines Gemüts den Spitznamen Balu. Das Problem war, dass er kaum Englisch sprach, was ihn natürlich als Führer disqualifizierte und auch ansonsten ziemlich hinderlich war.

 

Nach dem Einchecken im Hotel ¨The Hans¨, 19ter Stock...haben es die Jungs vorgezogen erst mal die verlorenen Schlafstunden der vorhergehenden Nacht nachzuholen, Kathrin und ich haben uns zu Fuß auf den Weg gemacht um die ersten Delhi-Erfahrungen zu sammeln. Erster Eindruck: Temperatur ca. 10 Grad höher als in Bangalore, sprich 35 Grad und schwül, aber die Stadt im Vergleich zu Bangalore sehr sauber, breite Straßen, gesitteter Verkehr, viel weniger Autos, fast schon mondäne Großstadt. Was wir zu diesem Zeitpunkt nicht realisierten, war, dass wir uns ja bis dato ausschließlich in Neu-Delhi aufhielten, Alt-Delhi ist, wie wir am nächsten Tag feststellten komplett anders.

 

Unser Weg führte uns schließlich in ein Geschäft, das traditionelle indische Kleidung verkaufte und da wir für kommenden Samstag Karten für einen Indien Abend im Mariott-Hotel haben, haben wir uns dafür gleich mal das entsprechende Outfit besorgt.

 

Zurück mit der Motor-Rikscha ins Hotel, die Kinder abholen und dem Fahrer, der inzwischen auch wieder erschienen ist erst mal klar machen, dass es jetzt an der Zeit für Lunch wäre. Der hat uns dann auch in der Nähe des India Gates zu einem Platz mit Touri-Lokalen gebracht, wo wir erst mal von Unmengen an Bettlern und zwielichtigen Verkäufern bedrängt wurden und ich gegen Bezahlung einiger Rupees Bekanntschaft mit einer Kobra und einer Klapperschlange machen durfte...

 

Nach dem Essen dann Sight-seeing durch Neu-Delhi, erst ein Foto am India Gate einem imposanten Kriegerdenkmal für die Gefallenen des ersten Weltkriegs, allerdings wieder mal umlagert mit den typischen Touristenfängern und sonstigen Bettlern, die einem schon zunehmend auf die Nerven gingen. Vor allem handelt es sich dabei oft um junge Mädchen, die im Auftrag Bändchen anfertigen, Henna-Bemalungen machen oder einfach nur mitleidig schauen etc., alles unter der Aufsicht der Strippenzieher, die sich aber brav im Hintergrund halten. Manchmal hilft nur noch die Autotür vor der Nase zuzuschlagen, schrecklich.

Eine Prachtstraße führt dann hinauf zum Regierungssitz und zum Parlament, alles sehr schön angelegt, einer Hauptstadt würdig.

 

Anschließend dann zum Grabmal des Humayun (s.o.), eine große Anlage, in der nicht nur der Grossmogul begraben liegt sondern wo ringsrum noch jede Menge anderer Grabmäler (unter anderem ist hier auch sein Lieblingsbarbier begraben) und andere Bauten zu finden sind (z.B. das Grab von Isa Khan). Sehr beeindruckend, fast schon zu beeindruckend, sodass ich fast schon Angst hatte ob das alles durch den Taj Mahal überhaupt noch getoppt werden könnte. Der Eintritt ist hier übrigens, wie bei allen indischen Sehenswürdigkeiten, ziemlich unterschiedlich zwischen dem was von Indern verlangt wird (10 Rupees) und dem was von Ausländern verlangt wird (250 Rupees). Ich habe vorher den Tipp bekommen meinen indischen Führerschein mitzunehmen und die FRRO Bescheinigungen von der Familie um als Einheimische anerkannt zu werden (¨We are Indian residents, we live in Bangalore¨) und siehe da, es hat fast immer funktioniert, bis auf den Taj Mahal, da klappte es leider nicht (aber auch das war mir vorher schon gesagt worden). Dort muss man dann mit 750 Rupees auch am meisten abdrücken, was aber für europäische Verhältnisse immer noch erträglich ist. Kinder bis 15 Jahren sind übrigens frei und da die beiden Jungs ja erst 13 und 14 sind griff das natürlich, die Schwierigkeit war nur immer, dass die Inder ohne Nachweis nicht so leicht geglaubt haben, dass die Beiden, jeder inzwischen über 1,80 und damit größer als ich, wirklich noch so jung sind...

Humayuns Grab war gerade von einem sehr abenteuerlichen Gerüst umgeben, wie ich kurz darauf in der Zeitung lesen konnte haben sie gerade eine neue, in Aegypten erstandene, Grablampe angebracht.

 

Nach Sonnenuntergang hat uns Balu dann zum Connaught Circle gebracht, dem Mittelpunkt Neu Dehlis und ganz in der Nähe unseres Hotels, wo wir eine tolle Dachterrasse für den Abendsnack fanden. Um die Hitze etwas erträglicher zu machen wurde links und rechts der Terrasse Wasserdampf zur Kühlung in die Luft geblasen.

Spätabends gab es dann noch einen Absacker-Cocktail auf der Dachterrasse der Q´Ba, auch im gleichen Circle, allerdings ohne Wasserkühlung, einen giftig blau schimmernden ¨Highway to Hell¨...:-) (Der Highway führte dann auch auf direktem Weg ins Hotelzimmer...)

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