Gestern war Janmashtami, kennt wohl nicht jeder, oder? Krishna´s Geburtstag (Aber Krishna kennt inzwischen wohl hoffentlich jeder...). Jedenfalls war ich nicht eingeladen, macht aber nichts, dafür hat es einen Tag frei gegeben...:-), also zumindest in unserer Firma war das ein Feiertag, die Jungs mussten leider in die Schule gehen..:-(. Da Kathrin für den Tag auch schon was vorhatte, habe ich mich also ohne jegliches schlechte Gewissen bereits morgens um dreiviertel sieben mit dem Motorrad aufgemacht, primäres Ziel: Nandi Hills, eine Berg- (naja Hügel-) Ansammlung etwa 60 km außerhalb von Bangalore mit einer Höhe von ca. 1500 Metern (MSL natürlich und Bangalore liegt ja schon auf gut 900m).
Das erste positive Erlebnis ist, sobald man das Bangalore Verkehrschaos hinter sich gelassen hat, wird erstens die Luft spürbar angenehmer und auch die Straßen deutlich besser. Man kann also locker bis auf unglaubliche 80 km/h aufdrehen und sich den Wind durch die Haare blasen lassen (ok, angenommen man hätte welche...). Einziger Störfaktor sind die üblichen Bumper, die zu Hauf auf allen indischen Straßen zu finden sind und die Verkehrsgeschwindigkeit an kritischen Stellen herab drosseln. Nur sind manche der Bumper etwas schwer auszumachen und wenn man sie komplett übersieht, schafft man in etwa Sprünge wie Franz Klammer in der Mausefalle... aber das soll das geile Motorrad-Cruise Feeling nicht beeinträchtigen.
Irgendwann ist es dann tatsächlich soweit, es geht bergauf, teilweise sogar in Serpentinen. Jetzt machen sich natürlich die lebenslange Alpenerfahrung und die gefühlten, mindestens 3 Millionen bereits zurückgelegten Passstraßenkilometer bezahlt und ich bin der unbestrittene König der Bergstraße mit meinen 19,8 PS unterm Sattel...
Oben angekommen muss ich aber erstmal feststellen, dass die two-wheeler im Gegensatz zu den four-wheelern gar nicht ganz rauffahren dürfen, sondern ihr Fahrzeug vorher für 20 Rupees wegparken und die restlichen Höhenmeter zu Fuß zurücklegen müssen. Den Sinn dahinter soll mir mal jemand erklären, ich kann mir nur vorstellen, dass die Motorradbesucher halt bei weitem in der Überzahl sind und man deswegen so den Verkehr ganz oben ein bisschen in den Griff bekommen will... ich war ja noch ziemlich früh dran, deswegen war der Verkehr noch überschaubar.
Oben sind dann jede Menge Aussichtspunkte und vor allem wird Wert darauf gelegt, dass kein Müll rumliegt (und so was fällt in Indien auf), also ein sehr schöner Eindruck. Die überwiegende Mehrheit an Lebewesen die sich auf den Nandi Hills rumtummeln sind übrigens Affen, die einem angeblich auch das Essen aus dem Rucksack klauen. Ich habe da jetzt aber keine schlechten Erfahrungen gemacht, was aber auch daran liegen mag, dass ich nix zu essen dabei hatte. Bei mir gab es zum Frühstück ein Masala-Dosa und einen Kaffee am Imbiss-Stand , fuer ca. 50 Cent, eigentlich wollte ich im Aussichtsrestaurant frühstücken, aber das macht erst um 10 auf. Vorher war ich noch spazieren und Tempel besichtigen. Ein Priester hat ¨seinen¨ Tempel gerade erst aufgeschlossen und mich gleich mal eingeladen reinzukommen. Es folgte die übliche Segnung mit dem ¨Einatmen der heiligen Flamme¨ und dem Punkt auf der Stirn, dieses mal gab es aber obendrauf noch was anderes: Er hat mir einen eisernen Deckel auf den Kopf gesetzt und irgendwelche Sprüche dabei gemurmelt...mir soll es Recht sein, ich hatte den Tag eh mit Aspirin begonnen, vielleicht hilft ja der Segen gegen Kopfschmerzen...
Wieder unten am Berg angekommen habe ich festgestellt, dass es in Nandi Town was gibt? Richtig geraten einen Tempel..:-), und zwar einen sehr schönen, angeblich aus dem 9. Jahrhundert mit einer relativ großen Außenanlage. Der eigentliche Sri Bhoganandishwara Swamy Temple besteht natürlich wieder aus vielen Einzelaltären und der diensthabende Priester hat mich auch brav herumgeführt und mir alles erklärt, viel war ja auch nicht los und ich glaube er war auch ziemlich stolz auf seinen Tempel und hilfsbereit sind sie hier ja sowieso alle. Der Hauptbereich ist hier den Eheleuten Shiva und Paravati gewidmet (die kennen wir ja auch schon...)
Beim raus gehen saßen zwei Inder unter einem Baum im Schatten, der eine wollte sich unbedingt von mir fotografieren lassen, was ich natürlich gemacht habe, zum Abschied habe ich ihm wie üblich die Hand gegeben, er hat sich dann aber noch überschwänglich bedankt und mir die Hand geküsst... das ist schon alles sehr strange und irgendwie kann ich das alles nicht so recht einordnen, ich würde schon manchmal gerne die Gedanken lesen können und wissen was in den Köpfen da so vorgeht...
Eigentlich wollte ich mich dann langsam in Richtung nach Hause aufmachen, aber mir ist ziemlich nah noch ein Gebäude in exponierter Lage aufgefallen und da hat mich natürlich wieder die Neugier gepackt. Dort angekommen stand ich aber vor einem verschlossenem Tor mit einem Wachmann und einem riesengroßen Gelände dahinter. Das Gebäude dass ich gesehen habe war vom Tor aus bestimmt noch mindestens einen halben Kilometer weg. Ich habe gefragt ob man das Gelände denn besichtigen könne und was das überhaupt sei. Der Wachmann hat aber kaum Englisch gesprochen, hat mich aber halt dann, irgendwie vollkommen entnervt ob meiner Hartnäckigkeit, schließlich doch eingelassen, mir aber unmissverständlich bedeutet, dass ich das Motorrad stehen lassen müsse und zu Fuß zur Anmeldung gehen solle.
Gesagt, getan und kaum war ich dort, hat er mich auch schon angestrahlt, Sai Baba, höchstpersönlich, also vom Bild natürlich, seine sterbliche Hülle hat er vor ca. drei Jahren ja abgelegt. Der Swami Sai Baba ist hier in Bangalore sehr sehr präsent, er hat zig Anhänger, strahlt von so manchem Autoaufkleber oder von Plakaten, meine erste Begegnung mit ihm war, als ich zufällig an einem Workshop Wochenende zu einer großen indischen Hochzeit kam und am Eingang ein lebensgrosser Papp- Sai Baba aufgestellt war...damals konnte ich ihn aber noch nicht zuordnen. Also, was hat es mit ihm auf sich? Ich empfehle dem interessierten Leser hier wirklich mal nachzugoogeln.
Letztendlich war er ein Guru, der halt auch seine Sekte begründet hat und letztendlich wird er halt von seinen Gegnern auch mit Gehirnwäsche in Verbindung gebracht.
Ich kann aber (bis jetzt) in seinem Auftreten und Wirken nichts Schlimmes erkennen, er hat sehr viel Gutes getan und sehr viele Hilfsprojekte, Krankenhäuser etc. initiiert, hier in diesem Fall handelt es sich um eine Schule für Jungs. Natürlich kostet das alles Geld, vor Allem hat er schon immer eher geklotzt als gekleckert und natürlich muss die Kohle irgendwoher kommen, vielleicht hat er die Geldgeber wirklich weichgekocht, vielleicht stammt der Ruf der Gehirnwäsche aber auch von den Leuten, die wegen ihm leer ausgegangen sind. Dann gibt es noch den Vorwurf, dass er den Jungs gerne mal an die Genitalien gegriffen hat, wenn das stimmt, dann geht das natürlich nicht, man stelle sich vor ein katholischer Pfarrer würde sowas machen...
Also, letztendlich muss sich jeder selbst ein Urteil bilden, ich persönlich weiß es auch nicht was ich von ihm halten soll.
Jedenfalls wurde ich aufgefordert ein paar Minuten zu warten, ich hatte allerdings keine Ahnung worauf. Es hat sich dann rausgestellt, dass eine kleine indische Gruppe (vermutlich eine Familie) eine Privatführung über den Campus bekommt und ich wurde eingeladen sie zu begleiten. Unglaublich, und wahrscheinlich wirklich einfach Riesenglück. Wir sind also losgefahren, die Familie samt Führer im Jeep und ich auf dem Bike (barfuß, die Schuhe habe ich am Empfang gelassen) hinterher. Erst ging es zu dem Gebäude das mir ursprünglich aufgefallen war. Es ist hauptsächlich eine Art Empfangs- und Meditationsraum. Eine Art Thron war aufgebaut und dahinter drei überlebensgroße Bilder vom Swami. Wir haben natürlich auch meditiert, allerdings schaffen die Inder das schon mit sehr viel groesserer Hingabe, ich habe mich ja ernsthaft bemüht, ich finde das gebietet auch schon der Anstand und die Ehrfurcht gegenüber anderen Religionen und Einstellungen, aber mich bäuchlings vor dem Thron auf den Boden zu werfen ging mir dann doch zu weit. Der Guide hat anschließend einige Anekdoten erzählt, alle mit dem Kern, dass der Swami immer noch da ist und sich auch gelegentlich in Form eines Wunders zeigt...
Aber auch wenn sich das jetzt vielleicht etwas belustigt anhört, so ist das nicht gemeint, die Leute sind alle sehr aufrichtig in ihrem Glauben und unglaublich offen und einfach ¨nett¨.
Als nächstes sind wir zu Sai Babas Privatgemächern gefahren, wobei, so ganz privat waren die auch nicht, auch hier gab es einen Empfangsraum und es wurde auch hier meditiert. Im 1. Stock konnte man dann sein Bett und seinen Esstisch bewundern und passend dazu hingen überall Bilder auf denen der Swami exakt da stehend abgebildet war wo man selber eben auch gerade stand...das hat natürlich schon zu dem Gefühl beigetragen sich in einer besonderen Aura zu befinden... in der Zwischenzeit bin ich von der indischen Familie sozusagen auch schon adoptiert worden und zukünftig erschien ich dann auch auf allen ihren ¨Familienfotos¨... nach den Privatgemächern habe ich mich dann aber abgeseilt , bzw. ich habe eigentlich die anderen verloren, weil ich noch ein paar Fotos gemacht habe. Aber mir hat es eh gereicht, ich habe mir die Schuhe am Empfang wieder geholt und mich brav verabschiedet und bedankt. Irgendwie habe ich immer damit gerechnet, dass man mir bald einen Mitgliedsantrag, ein Spendenbuch oder sonst etwas unter die Nase hält, aber nichts dergleichen, vielleicht wäre so was am offiziellen Ende der Führung gekommen, vielleicht auch nicht, wer weiß...
Beim Rückweg bin ich noch bei den Kolar Gold Mines vorbeigefahren, ich dachte da könnte man irgendwas besichtigen oder selber auf die Jagd nach einem Nugget gehen, aber irgendwie habe ich nichts Entsprechendes gefunden und langsam lief mir auch die Zeit davon...ich muss dazu wahrscheinlich erst nachlesen und vielleicht fahre ich dann ja nochmal hin, es ist ja nur ca. 80 km von Bangalore entfernt...
Jedenfalls summa summarum ein toller Tag auch wenn er, trotzdem es meist bewölkt war, wieder mit einem Sonnenbrand endete; man darf, vor allem beim Motorradfahren, einfach nicht vergessen sich zumindest die Nase ordentlich einzucremen...
Also nochmal herzliche Glückwünsche Krishna, ich habe zwar keine Ahnung wie alt du geworden bist, aber für mich war es ein schöner Feiertag...
(Don´t miss the fotos...)
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Manching-Martin (Freitag, 30 August 2013 09:53)
Hallo Mr. "made like a gun".
Dein Blog ist echt super und ich freue mich immer wieder über neue Einträge.
Ab heute bin ich auch mal "aktuell" und habe alle älteren Einträge durch.
Mach also weiter so wie bisher, wir lesen und fiebern alle mit, selbst wenn nur wenige von uns Kommentare schreiben. ;) (Streng nach dem Motte: ein "Blog"? was ist das denn wieder für ein neumodischer Mist für "PC-Freaks"? "Das Internet, die Pestilenz der Neuzeit"! blablabla, usw, usw….)
Dann mal Gruß von deinen Kollegen aus Manching,
Martin
*we miss you !!!!* :(
Max (Samstag, 31 August 2013 08:42)
.... Frühstück ein Masala-Dosa ....
Habe ich was überlesen, oder muß ich Tante Google fragen ?
Wenn Dir mal die Themen ausgehen, könntest Du mal einen kulinarischen Blog-Artikel verfassen, damit wir nicht nur die Indischen Gottheiten kennenlernen.
Grüße an die Shreks in Indien.
Max