Erstmal ein Nachtrag zum letzten Wochenende, Kultur im Jagriti, ¨Being Sarthak Majumdar¨, wie war´s? Gar nicht so leicht zu beantworten. Drei junge Schauspieler, einer davon spielt eben den Sarthak Majumdar, die beiden anderen je nach Bedarf dazu passende Rollen. Sarthak ist Fernsehjunkie, und diese Fernsehsucht ist auch das zentrale Thema dieses Stückes. Sehr gut und witzig inszeniert, aber jetzt kommt das große ABER: Viele Gags entstehen halt durch das Einbinden indischer Fernsehkultur und Fernsehsendungen, und nachdem ich die letzten Jahrzehnte indischer Fernsehshows und Fernsehserien nicht wirklich draufhabe kann ich mich halt bei so manchem Lacher im Publikum zwar mit dem Publikum freuen, aber verstehen tue ich es nicht wirklich...
und das zweite ABER: Die Protagonisten haben über weite Teile Hinglisch gesprochen, das ist wie eine eigene Sprache, die zwar mit sehr vielen englischen Ausdrücken durchmischt ist, aber so ungefähr stelle ich es mir vor, wenn der Norddeutsche mir zuhören muss, wenn ich Hardcore-Bayrisch spreche...:-)...aber mit einem bisschen guten Willen geht das schon..;-). Das Stück gipfelt übrigens darin, dass Sarthak seinen Vater umbringt, weil der den Kabelanschluss kündigt...ich hab dabei so ein bisschen an meine Computer-Junkie-Kids gedacht...bevor ich denen mal das Internet wegnehme sollte ich mir vielleicht eine Kevlarweste kaufen...
Am Freitag früh habe ich die Enfield in die Werkstatt gebracht, wegen der Inkontinenz, sie haben dann tagsueber eine Dichtung ausgetauscht (auf Garantie natürlich) und nach Feierabend konnte ich sie wieder abholen, bis jetzt sieht es ganz gut aus, bin seither auch schon fast 150km gefahren und es scheint jetzt in Ordnung zu sein...
Am Abend sind Kathrin und ich dann gleich in die Forum Value Mall um jetzt endlich mal ins Stomp, dieser neuen Musikkneipe zu gehen, die ja letztens die Eröffnung verschoben hat, allerdings standen wir wieder vor verschlossenen Türen. Ich habe mich an eine Theater-/Jazz Kneipe/Restaurant mit eigener Brauerei erinnert in dem ich mal mit Kollegen im Rahmen eines Workshops beim Essen war und so haben wir uns dorthin aufgemacht und dank Handy-Navi auch gefunden. Es war halt wieder dieses Phänomen, das mir, by the way, zunehmend schon gar nicht mehr auffällt: Man fährt durch Elendsviertel wie im tiefsten Afrika und endet in einer Location die jeder westlichen Großstadt zu Gesicht stehen würde (www.windmillscraftworks.com ,sollte mal Besuch kommen, bitte darauf bestehen, dass wir da auch mal hingehen). Ich bin gespannt ob ich im Laufe der Zeit den Blick für diese Extreme auch mal ganz verlieren werde, so wie es bei den Indern scheinbar der Fall ist.
Apropos Extreme, das Betteln ist hier nicht so allgegenwärtig wie ich es mir eigentlich vorgestellt habe, aber es gibt natürlich Bettler. Manchmal gebe ich auch etwas, meistens im Umfeld von Tempeln (keine Ahnung wieso gerade da, vielleicht ein tiefenpsychologisches Überbleibsel der Ablasszahlung..?? ;-) … Jedenfalls stehen sie auch oft an einer Ampelkreuzung, die ich auf dem Nachhauseweg passieren muss. Und oft sind es halt junge Mütter mit ihren Babys auf dem Arm. Shekar hat mal gesagt, dass die Teil einer organisierten Bettler-Mafia sind und dass man denen nichts geben darf um die Situation nicht noch zu verschlimmern. Mir fällt dann immer die Szene ein aus ¨Slumdog Millionaire¨, wo sie den Kindern die Augen ausbrennen, damit sie beim Betteln mehr Erfolg haben... Mafia hin oder her, die Mädchen mit ihren Säuglingen sind real und ich muss zugeben, dass ich es nicht schaffe ihnen in die Augen zu schauen. Ich habe mir letztens als ich nicht einschlafen konnte ausgerechnet, dass es reichen würde, ihnen die Menge an Geld zu geben, die ich theoretisch verdiene in der Zeit wenn ich an der Ampel stehe, also Monatslohn geteilt durch Monatszeit auf 24/7 Basis (ich weiß, andere zählen Schäfchen wenn sie nicht schlafen können...) . Nicht weil ich soo gut verdiene, aber weil die andere Seite soooo arm ist (und auch die Ampelschaltzeiten ziemlich lang sind...), aber ich werde es nicht tun, wie hieß es im Vorfeld, du kannst das Land nicht ändern, du kannst es nur hinnehmen...aber das gehört sicherlich zu den schwierigeren Lektionen.
So, jetzt wieder ein leichteres Thema, gestern haben sie einige Kokospalmen hier in Palm Meadows abgeerntet und die Palmblätter ausgedünnt, vermutlich damit weder die Blätter noch die Nüsse bei Wind unkontrolliert runterfallen (bei manchen Palmen haben sie ja Auffangnetze angebracht). Es ist faszinierend zu sehen wie die Leute die Palmen hochklettern und oben dann rumturnen, die Kokosnüsse werden dann teilweise Seil runtergelassen... ich tue mich beim Schätzen ja immer schwer, aber ich denke so 6 bis 10 Meter hoch werden die Palmen hier schon sein, für mich als bekennenden Akrophoben (jetzt habt ihr wieder was zum nachgoogeln..:-) war das auf jeden Fall sehr imposant.
Am Nachmittag sind Kathrin und ich dann mit dem Motorrad zum ¨National Centre for Biological Sciences¨ gefahren, rund 40 km einfach quer durch Bangalore (Shekar hat letztens gesagt, dass Bangalore momentan eine Ausdehnung von ca. 90 mal 60 km, Tendenz steigend, hat), dort ist nämlich dieses Wochenende deutsches Filmfestival, veranstaltet vom Goethe-Institut und von der deutschen Botschaft. Drei deutschsprachige Filme im Hörsaal zum Thema ¨Immigration and Integration¨. Den ersten Film, Fassbenders ¨Angst essen Seele auf¨ haben wir nicht geschafft, weil ich ja am Vormittag noch im Reisebüro unseren Agra-Dehli Trip fixieren musste...:-) und zum zweiten ¨Auf der anderen Seite¨ von Fatih Akan kamen wir gerade noch rechtzeitig, obwohl der Verkehr für Bangalore Verhältnisse relativ gut war, aber man muss halt bei unbekannten Destinationen immer noch mindestens eine halbe Stunde fuer den ¨Endanflug¨ rechnen. Der Film hat mir gut gefallen, auch wenn er keine ganz leichte Kost ist... und zum Schluss gab es dann noch ¨Geboren in Absurdistan¨, Schmaeh aus Oesterreich, damit kann man bei mir ja nie was verkehrt machen..:-)
Also insgesamt ein gelungener Nachmittag, nur war die Aircondition im Hörsaal mal wieder so aufgedreht, dass wir mit den vorsichtshalber eingesteckten Regenjacken drinsassen und ich auch noch Gott sei Dank ein Halstuch dabei hatte...
Beim Zurückfahren wurde es halt dann schon dunkel und da macht das Motorradfahren nicht wirklich Spaß, an den Verkehr gewöhnt man sich schon und wenn man sich an gewisse Regeln haelt (zu denen ich ja schon mal was geschrieben habe), hat man auch ganz gute Überlebenschancen... wirkliche Sorgen machen mir hier die Schlaglöcher, man muss halt höllisch aufpassen und in der Nacht sieht man halt naturgemäß nicht so gut, und ich rede nicht von den Schlaglöchern die man halt ¨ausreiten¨ muss, wo es dich ein bisschen durchbeutelt, ich rede von 30cm und mehr auf der Stadtautobahn, die man nicht versehentlich treffen will... aber ein guter Anhaltspunkt ist immer wenn man sich an anderen Two-Wheelern orientiert, die kennen in der Regel die Gefahrenpunkte...
So, jetzt werde ich aber langsam meine Familie aus den Federn schmeißen, Sonntag hin oder her... ich sitze hier gerade bei meiner zweiten Tasse Kaffee auf dem Balkon... das ist schon das schöne hier, es ist nie wirklich zu kalt fuer kurze Hosen und trotzdem (hier in Bangalore) auch nie wirklich zu heiß. Schließlich wollen wir ja heute auch noch was für die Fitness tun...die Jungs entwickeln gerade im Studio einen richtigen Ehrgeiz, Benedict hat sich vorgenommen am Laufband die 10 km unter 40 Minuten zu laufen...naja, soll er, das schöne an der Tread-Mill ist, man kann nebeneinander herlaufen und trotzdem unterschiedliche Geschwindigkeiten haben...:-)
Kathrin kommt gerade mit einer frischen Tasse Kaffee... also, der erste Teil ist schon wach...
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patrick (Sonntag, 25 August 2013 15:29)
also craftworks kann definitiv mit deutschland mithalten.... bestellen mitm ipad hat was ;-)