3.8. / 4.8.
Wer sich nämlich als Insider zu erkennen geben will sagt einfach Pondy, nicht Pondicherry und schon gar nicht den offiziellen Namen Puducherry.
Aber erstmal ein paar Basics zum Thema Überlandverkehr, schließlich wollen wir ja aktiv am Verkehr teilnehmen.
1. es wird links gefahren
2. es gibt eine Fahrspur für mich und eine für Dich.
3. Punkt 1 und 2 sind Absichtserklärungen man ist aber in keinster Art und Weise daran gebunden.
Fakt ist, man fährt wo man will aber das funktioniert meistens ganz gut, man muss nur eine lebenswichtige Regel beachten:
Man muss für den anderen berechenbar fahren, was soviel heißt wie, auch wenn man z.B. als Geisterfahrer unterwegs ist (was hier nichts Ungewöhnliches ist) oder für europäische Verhältnisse vollkommen wahnsinnig überholt, kein Problem, darauf stellt man sich ein. Was wirklich gefährlich ist, sind unvorhergesehene (Voll)Bremsmanoeuver, wilde Spurwechsel etc... wenn man nämlich berechenbar ist, dann passiert etwas was man bei uns so nicht gewohnt ist, man nimmt Rücksicht aufeinander. Ich denke ja viel darüber nach wie dieses Land überhaupt funktionieren kann, und ich glaube, das ist ein wesentlicher Punkt, man ist füreinander da, man hilft sich. Sicher das ist wahrscheinlich zum großen Teil aus der Not geboren, man war jahrhundertelang fremdbestimmt, man hat praktisch kein vernünftiges staatliches Sozialsystem etc.
Was im Verkehr dann auch noch wichtig ist, ist die Hupe. Jeder der schon mal in Indien war kennt diesen aberwitzigen Lärm des Hupkonzerts. Aber mir ist erst jetzt bewusst geworden, dass diese ganze Huperei durchaus einen Sinn hat. Es ist nämlich nicht wie bei uns, dass mit dem Drücken der Hupe zumindest gedanklich immer ein Vogel zeigen einher geht. Hier hat hupen überhaupt nichts bösartiges, es bedeutet lediglich ¨Achtung, ich bin da, rechne mit mir¨. Wenn man das mal kapiert hat und fleißig mitmacht verliert der Verkehr sofort an Schrecken. Mit einer Ausnahme, das sind die Busfahrer, sie sind die erklärten Wildsäue der Landstraße, sie nehmen überhaupt keine Rücksicht und es kommt schon mal vor, dass ein Busfahrer gerade einen LKW überholt, natürlich einen entgegenkommenden, und dann sind wir am Punkt zwei, meine Seite, Deine Seite. Schlagartig gibt es nämlich dann ¨Meine Seite¨ nicht mehr, d.h. gaaanz weit links halten, zur Not auch runter von der Straße. Ich weiß nicht wo die Busfahrer ihre Ausbildung erhalten, ich vermute aber stark, dass es in irgendeinem afghanischen Trainingslager der Al Qaida ist.
Bevor ich losfahren durfte ist Shekar mit mir aber nochmal ganz genau die Reiseroute durchgegangen, er hat mir sogar gesagt wo genau ich zum Frühstücken anhalten soll und dass er mich mal anrufen wird ob auch alles in Ordnung ist...es hat eigentlich nur noch gefehlt, dass er mir die Nase auch noch geputzt hätte...;-)
Samstag früh um sieben ging´s dann aber wirklich los. Black Beauty unglaublich zuverlässig, sie bringt zwar nicht wirklich Leistung, aber die dafür immer, konstant und eifrig, wie ein Arbeitstier, ich hätte sie eigentlich ¨Black Donkey¨ nennen sollen...übrigens gibt es bei der Enfield einen Kick und einen Elektrostarter, ich benutze aber immer den Kickstarter, ich finde das hat sie verdient. Das ist eine Frage der Ehre...
Wenn man mal raus ist aus Bangalore macht es richtig Spaß, teilweise sind die Strassen auch gar nicht schlecht, bei der Hinfahrt allerdings waren mal 100km dabei, die immer wieder mal Schotterpiste waren und die geteerten Passagen waren auch nicht viel besser und dementsprechend langsam war natürlich das Vorwärts kommen. In Tiruvannamalai gab es dann eine riesengroße Tempelanlage zu besichtigen, Südindien ist ja bekannt für seine Tempel und da im Besonderen Tamil Nadu (der Bundesstaat in dem praktisch meine ganz Reiseroute lag). Also nichts wie rein, um drinnen ins Herzstück und zum diensthabenden Brahmanen vorgelassen zu werden muss man allerdings erst 20 Rupees löhnen und sich dann geduldig in die Schlange stellen. Belohnt wird man dafür mit einer Segnung und als aeusseres Zeichen mit Asche auf der Stirn. Bei mir hielt das allerdings schweissbedingt nicht lange, ich bin schließlich die ganze Zeit mit Lederjacke unterwegs gewesen.
Weiter ging´s und um vier war ich dann in Pondy. Erst mal ans Meer, durchschnaufen, Meeresbrise genießen, wobei es ziemlich schwül war, ein komplett anderes Klima als in Bangalore. Dann Hotel und die anderen suchen, wobei ich sozusagen beides gleichzeitig gefunden habe, sie waren nämlich gerade mit Pool baden fertig und abmarschbereit in die Stadt. Also, ganz kurz duschen und losgeht´s. Außer der Truppe, die letztens schon beim Grillen da war, war noch Swathi, eine ausgesprochen nette Inderin mit dabei. Mit dem TucTuc zur Strandpromenade, ein bisschen flanieren, ein bisschen durch die Stadt laufen und dann auf die Dachterasse eines direkt am Strand gelegenen Restaurants. Geile Location. Da sind wir dann auch haengengeblieben bis zum Heimfahren. Anschließend ein Absacker und noch ein bisschen ratschen auf dem Zimmer. Angeblich war es dann schon halb drei als wir ins Bett sind...
Ich bin dann am nächsten Morgen nach dem Fruehstueck auch schon wieder aufgebrochen, ich wollte ja eine andere Rückroute ausprobieren und eigentlich auch vor dem Dunkel werden zu Hause sein (was ich allerdings nicht geschafft habe).
Die Rückfahrt war auch richtig toll, gute Straßen, kaum Verkehr, viel Natur. Ungefähr 50 km vor Salem habe ich dann noch einen reizvoll gelegenen Tempel auf einem Hügel entdeckt, den musste ich natürlich noch anschauen. Das und die Entscheidung durch Salem durchzufahren und nicht den Umgehungshighway zu nehmen haben mich aber letztendlich so viel Zeit gekostet, dass ich erst um halb zehn zuhause war, hungrig und mit einem dicken fetten Sonnenbrand im Gesicht...aber zum Glueck gibt es Dominos Lieferservice und kühlende Feuchtigkeitscreme...
Ich bin zwar nicht so der passionierte Fotograf, aber heute gibt es als Belohnung für´s fleißige Lesen auch noch ein paar Bilder zum kucken...aber nebenan...
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Jürgen (Montag, 05 August 2013 11:22)
Hi Michi,
coole Texte, schöne Bilder! Aber hey, Blacky ist ja ein Einsitzer. Echt Sportbike eben. Da wird Kathrin aber traurig sein.
Genieß' Deine Freiheit ohne Family.
Viele Grüße,
Jürgen
Kaufmann (Dienstag, 06 August 2013 08:13)
Hey Miche,
dachte, wir hätten Dich zum Arbeiten da runtergeschickt; so lesen sich meine Urlaubstagebücher. Wie schauts eigentlich mit deinen sportlichen Aktivitäten aus (ohne PS logischerweise ;-))
Monika (Donnerstag, 08 August 2013 07:40)
Hallo Michi, Pauli hat mir gestern von Deinen Niederschriften erzählt. Interessiert mich sehr! Einfach toll!
Beste Grüße aus Meiling!