Gegensätze

Es gibt auch schöne Ecken hier in Bangalore, man muss sie nur suchen und finden. Aber der Prozentsatz der schönen Ecken ist halt verschwindend gering. Das auf dem Bild ist das UB-Hauptgebäude. UB steht für United Breweries, mit Kingfisher als Flaggschiff. Klar, dass sich die sowas leisten können, jetzt wo ich da bin...;-).

Der ganze Block da heißt UB-City, inklusive einer Luxusmall für die wirklich reichen Inder (und da gibt es gar nicht wenig, prozentual schon, aber absolut sind es halt doch eine ganze Menge). Aber sehr viel präsenter sind halt die hässlichen Ecken, der Dreck, der Müll und die Armut. 

Und das Fehlen oder schlecht Funktionieren der Infrastruktur. Seit ich hier in Indien bin wird mir immer mehr bewusst was mir in Deutschland gar nicht mehr auffällt, weil man es als selbstverständlich ansieht, die Stromversorgung, die Wasserversorgung, die Straßen (wenn man sich die Verhältnisse hier ansieht, wirken die einen oder anderen Frostschäden bei uns geradezu lächerlich), Internet, ich habe hier privat oft über Stunden kein oder schlecht funktionierendes Internet.

Selbst in der Firma fällt es immer mal wieder aus und Tools die auf dem internen Firmennetz liegen nutzt man halt dann, wenn sie gerade mal zur Verfügung stehen. Aber es ist kein Wunder, heute früh lag vor der Bürotür ein nicht näher identifizierbarer toter Käfer (ich hätte mal ein Foto machen sollen). Das besondere daran war eigentlich hauptsächlich seine Groesse...ich bin froh, dass er tot war... und tagsüber hat man heute unseren Untermieter gehört, eigentlich eher Obermieter, weil er oberhalb der Deckenverkleidung wohnt. Ich hatte vor einigen Tagen mal einen Apfel auf meinem Schreibtisch vergessen, aber da hat mir der Mieter über Nacht schon gezeigt, dass er so was dann als sein Eigentum ansieht...es würde mich nicht wundern, wenn er auch ab und zu mal ein Netzwerkkabel abknabberte. Dabei ist unser Gebäude gar nicht alt aber teilweise in einem Zustand wie ein Bahnhof auf einer seit 20 Jahren aufgelassenen Bahnstrecke. Naja, ich bin ja Gott sei Dank hart im Nehmen. Achso, die Klimaanlage ist auch so ein Thema, die funktioniert nur noch digital, entweder ich arbeite im Kühlschrank oder sie geht gar nicht. Wahrscheinlich hat da auch die Ratte irgendein Steuerkabel angefressen...

 

Aber jetzt zu etwas Erfreulicherem, ich habe mir heute endlich einen Grill gekauft, eigentlich habe ich mich selber unter Druck gesetzt, weil ich gestern für  kommenden Samstag die Regensburger Studenten zum Grillen eingeladen habe...naja, da musste ich ja aktiv werden. Wenn ich den Käfer mitgenommen hätte, könnte ich ihn gleich ausprobieren...;-)

Ich bin in dem Geschäft gleich herzlich begruesst worden, das ist auch etwas was mir sehr positv auffällt, die allermeisten Leute hier sind unglaublich freundlich, naja, wie es in den Wald schallt...ich versuche es natürlich auch zu sein...und ich werde halt überall wiedererkannt, weil ja nicht so viele Bleichgesichter rumlaufen. Ich tue mich da schon deutlich schwerer aber langsam kann ich mir die indischen Gesichter und auch Namen immer besser einprägen. Immer wieder toll wie sich die Natur (in diesem Fall das Gehirn) so schnell anpasst ohne dass man bewusst etwas dazutut. Aber immer klappt es halt noch nicht und so gab es gestern die Situation in der Arbeit, dass ich bei den indischen Kollegen war und mir ein Inder mit einem ¨Did you already meet¨ vorgestellt wurde und gleichzeitig aus seinem Mund ein ¨Yes¨ und aus meinem ein ¨No¨ kam. Ich konnte ihn halt nicht mehr zuordnen aber Wunder ist es keins, ich versuche mich ja soviel wie möglich bei den indischen Kollegen aufzuhalten und so lerne ich natürlich viele Leute kennen und seien wir doch mal ehrlich, wenn man neu irgendwo reinkommt tut man sich ja auch bei uns schwer sich alle Leute zu merken und dann erst, wenn die Leute alle erst mal fremdartig aussehen. Aber man muss sich auch immer wieder vor Augen halten, der Fremde, der Ausländer bin ja ganz klar ich...auch mal eine interessante Erfahrung...

Noch was zum Thema Wiedererkennen, nach dem Grillkauf war ich noch in einem Supermarkt um Pappteller zu kaufen (Geschirr-technisch warte ich ja noch auf die Lieferung aus Deutschland) und die gab es in der Abteilung, keine Ahnung wie man die nennt, dort wo es halt auch Seife, Rasierschaum und so Kram gibt. Jedenfalls hat sich die Verkäuferin noch genau erinnert was sie mir bei meinem April Workshop für ein Lippenbalsam verkauft hat, unglaublich. Diesesmal hat sie mich gefragt ob ich vielleicht Gesichtscreme bräuchte (sehe ich echt so schlimm aus...), aber sie hatte nur welche mit Bleichmittel, die Inder stehen da ja drauf...Ich habe nur gesagt ¨I don´t need this stuff, I´m already white...¨ und bin gegangen. Mal sehen was sie mir beim nächsten Mal andrehen will...

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Kommentare: 2
  • #1

    Petra N. (Donnerstag, 25 Juli 2013 18:30)

    Hi Michi, ja so ist es halt, man merkt immer erst dann wie gut es einem geht, wenn man es nicht mehr hat, gell? Mir ging es genauso und in Deutschland zurück habe ich die kleinste Kleinigkeit gewürdigt, so z.B. die Toiletten am Flughafen. Ich kriegte mich gar nicht mehr ein und erntete von anderen Benutzern nur ein Kopfschütteln......
    Aber man gewöhnt sich doch an alles, nicht wahr? Nach 2 Wochen fand ich es gar nicht mehr so schlimm, daß die Käfer in der Nacht immer wieder aus den Wänden krabbelten, obwohl ich dachte, ich hätte diese am Tage vernichtet!
    Die Inder mit ihrem Dauerlächeln finde ich ja total lieb, andererseits wußte ich nie woran ich bei Ihnen war, denn alles war immer no Problem und der Standartspruch: Yes, yes, yes!
    Nun irgendwie gewöhnt man sich an alles, übt sich total oft in Geduld( bleibt einem ja nichts anderes über) und fährt unseren deutschen Dauerstress nach unten. Das ist doch sehr positiv, oder?
    Ich hoffe, es gelingt dir, danke für deinen Blog, finde es total spannend zu lesen.
    Liebe Grüße
    Petra

  • #2

    Jürgen (Freitag, 26 Juli 2013 22:20)

    Hi Michi,
    zu Deiner Enfield: herzlichen Glückwunsch! Cool. Das ging ja doch ziemlich schnell. Ich bin ja gespannt, wie die Kiste so tut!

    Viele Grüße,
    Jürgen