Hangama

Everything is Hangama, das hoere ich gerade in der Arbeit ziemlich oft und viel. Auf die Nachfrage, was das denn bedeutet, kam als Übersetzung ¨Chaos¨. Es wusste aber keiner woher das eigentlich kommt (also nicht das Chaos sondern der Ausdruck ¨Hangama¨), also habe ich Onkel Google befragt, aber der konnte mir auch nicht weiterhelfen.

Nächste Anlaufstelle: Shekar, er hat mir erzählt, dass er insgesamt 5 Sprachen spricht,

die drei Süd- indischen Hauptsprachen Kannada, Telugu und Tamil und dazu noch Hindi und Englisch. Ich habe ihn gefragt ob er denn die ganzen Sprachen auch lesen und schreiben koenne, aber da musste er passen, ich glaube außer Kannada und Englisch konnte er noch Hindi lesen. Aber er hat mir in dem Zusammenhang erzählt, dass auf allen indischen Geldscheinen auch der Geldwert in den verschiedenen Sprachen aufgeschrieben ist. Ist mir bis dahin gar nicht aufgefallen, aber tatsächlich. Jedenfalls konnte er mir bei meinem ¨Hangama-Problem“ auch nicht weiterhelfen, er sagte er kenne Hangama nur als Ausruf freudiger Überraschung und er hat behauptet, dass es in Bangalore eine Kneipe diesen Namens gäbe und er würde sich kundig machen wo die ist, naja, das habe ich ihm dann wieder ausgeredet...

Aber woher kommt nun das allgegenwärtige Chaos, egal welchen Namen man ihm gibt. In der Firma ist es nachvollziehbar, der Druck steigt, damit auch der Stress und die Arbeitszeit. Und dann kommt der Effekt, den wohl die meisten kennen, es wird chaotisch und damit auch noch immer ineffektiver und der Teufelskreis schließt sich. (Aber dafür bzw. dagegen bin ich ja jetzt da...:-)

Aber das Chaos ist allgegenwärtig, auf den Straßen besonders, aber eigentlich ist die ganze Stadt (mehr kenne ich ja noch nicht von Indien) Hangama. Was also ist hier passiert? Mir ist letztens erzählt worden, dass Bangalore Anfang der 70er Jahre als staedtebildnerisches Vorbild für Singapur gegolten hat. Dann schaue man sich diese beiden Städte mal heute an. Unterschiedlicher kann man sich ja gar nicht entwickeln.

Ich glaube, es liegt an der Exekutive. Es gibt zuwenig unbestechliche ausführende Kräfte, egal in welchem Bereich. An der Gesetzgebung kann es nicht liegen, Gesetze gibt es genug, sie werden halt nur nicht eingehalten und dort wo die Exekutive dann doch umgesetzt wird, im Beamtentum, wird es mit einer pedantischen hirn- und sinnlosen Akribie gemacht, die mehr als nervenaufreibend sein kann. Ich habe nächste Woche meinen Termin beim Einwohnermeldeamt, da graust mir jetzt schon, nach allem was ich darüber gehört habe und nach all den Papieren, die im Vorfeld schon verlangt wurden. Ein Wunder, dass ich kein polizeiliches Führungszeugnis von meinem Zahnarzt bringen muss...aber ein Gutes hat dieses Indien dann doch wieder, es wartet einer von der hiesigen Relocation Agentur bei der Behörde auf mich und der stellt sich dann wo es geht und sein muss für mich in die Schlange und das kann einige Stunden dauern. Ich habe mich in der Wartezeit schon mal vorab bei unseren indischen HR-Mädels angekündigt, damit man sich mal persönlich kennenlernen kann und das Büro ist wohl nicht weit weg...

 

Am Sonntag Nachmittag waren noch Ramona, Dominik und Patrick, die 3 Regensburger Studenten bei mir. War ein sehr schöner Nachmittag/Abend (boarisch red´n..:) und wir wollen uns demnächst auch mal (vermutlich im Hard Rock Cafe) treffen. Shekar hat sie dann netter weise nach Hause gebracht.

Am Montag früh durfte ich dann mit meinem rund erneuertem Auto mitfahren. Ich habe es ja gebraucht übernommen und so hat man es ueber das Wochenende komplett aufpoliert, die Sitzbezüge ausgetauscht und als besonderes Zuckerl am Autodachhimmel einen Bildschirm angebracht und den Radio mit einem DVD Player versehen. Da habe ich natürlich gleich eine Vorführung bekommen. Bollywood am Montagmorgen. Ich habe die Anstands-10-Sekunden abgewartet und dann höflich gebeten, ob er es denn wieder ausmachen könnte, das war mir dann doch (um diese Uhrzeit) zuviel...

Kurz nach Mittag hat er mich dann angerufen, dass er in einem Unfall verwickelt sei und mich nicht abholen könne. Also musste Eric mal wieder herhalten, er bzw. sein Fahrer hat mich nach Hause gebracht. Am Abend habe ich mir dann doch ein bisschen Sorgen um Shekar gemacht weil sein Moped immer noch vor meiner Tür stand und er noch nicht aufgetaucht ist, er ist aber schließlich doch noch gekommen und hat mir auch gleich Bilder gezeigt. Das Auto war am Parkplatz gestanden, Shekar war beim Einkaufen, da ist ein Mopedfahrer volle Kanne hinten drauf gefahren und zwar so, dass die komplette Heckscheibe zersplittert ist. Hoffentlich ist ihm nix passiert. Das wusste Shekar auch nicht, er war mehr über den ganzen Schreibkram besorgt, den dieser Unfall dann nachzog, bzw. immer noch nachzieht. Jedenfalls war es das jetzt erst mal wieder mit dem generalueberholten Auto. Momentan habe ich einen Leihwagen und muss wohl die nächsten Tage auf Bollywood auf dem Weg zur Arbeit verzichten...;-((

Everything is Hangama...

 

Noch ein kurzer Nachtrag zu den Kommentaren(wenigstens gibt’s ein paar die meinen Blog lesen..:-):

Die Essensschärfe ist nicht so schlimm, man lernt langsam wo die scharfen Teile des Essens sind und selbst die sind erträglich. Ich hatte seit meiner Ankunft bisher nur ein einziges Mal Schweißperlen auf der Stirn, aber die waren gutartig...

Wettertechnisch braucht mich momentan niemand beneiden (zumindest diejenigen die sich gerade in Deutschland befinden, Jürgen, du bist außen vor...), heute war der ganze Tag wolkenverhangen und zwischenzeitlich hat es immer mal wieder heftig geregnet. Und die Temperaturen waren so, dass ich nach dem Nachhausekommen erstmalig meine Socken anbehalten habe, wenn es so weiter geht durchbrechen wir noch die 25 Grad Marke....

Und jetzt zum Bollywood-Tanzkurs: Also, wenn du das ernst meinst, kann ich mich mal erkundigen, irgendwo in diesem Hangama gibt es bestimmt auch diese Möglichkeit, wobei man immer vor Augen haben muss, dass eine Fahrt quer durch die Stadt genauso lange dauert wie eine ICE Fahrt quer durch ganz Bayern. Momentan ist es unter den Expats bzw. deren Begleitungen eher in Mode, dass man sich 4 Wochen in einen Ashram begibt und eine Yoga-Lehrer Ausbildung macht (oder sich auch nur so verbiegt)...naja, wem´s gfoit...

 

Sollte sich der aufmerksame Leser wundern wo plötzlich die ganzen Umlaute wieder herkommen...wenn man ein Schreibprogramm nutzt kann man automatisch korrigieren lassen...

Blöd derfs´d sein aber z´helfen muasst da wissen...;-)

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Jürgen (Dienstag, 09 Juli 2013 19:51)

    Hi Michi,
    Hangama muss ich mir merken für die Projekte mit den Italienern. Aber das ist noch etwas weg. In Norwegen gibt's so was nicht.

    Viele Grüße vom Polarkreis,
    Jürgen

  • #2

    Petra (Mittwoch, 10 Juli 2013 10:49)

    Hi Michi,
    ja so kenn ich Indien, ich sag nur: EINFACH GRAZZY!!!!
    Du willst dich also wirklich selbst motorisiert auf die Straßen wagen?
    Respekt, ich traute mich ja stellenweise nicht mal allein die Straße zu überqueren....... Setz wenigstens einen Helm auf, ha, ha
    Viel Spaß und gute Nerven weiterhin
    Liebe Grüße aus dem ruhigen, geordneten, sauberen einfach spießigen Geisenfeld
    Petra

  • #3

    Matthias (Freitag, 19 Juli 2013 13:49)

    Herrlicher Schreibstil, Michi!
    Mach weiter so! Ich hab Tränen in den Augen wenn du gutartige Schweißperlen auf der Stirn hast und so bin ich im Kopfkino live dabei :)


    Grüße aus Manching ... es ist heiß ... den Rest lese ich nach dem Weiher Besuch